© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

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Nach dem Aus 2018: Die Zeitschrift „Neue Aula“ wagt einen Neuanfang
Ronald Berthold

Irgendwann war es genug. Die österreichische Zeitschrift Aula, einst ein rechtskonservatives Blatt aus dem freiheitlichen Milieu, hatte den Bogen überspannt. Der Beschimpfung von KZ-Insassen als „Landplage“ folgte im Juni vergangenen Jahres die Beleidigung des schwarzen Sängers Cesár Sampson als „Quotenmohr“. Der damalige FPÖ-Vize und heutige Vorsitzende, Norbert Hofer, drohte: Jeder, der weiter in der Aula publiziere, habe „die Chance auf eine weitere Karriere in der FPÖ verwirkt“.

Dann entzogen die Freiheitlichen Akademikerverbände die Unterstützung: Die Aula wurde nach knapp sieben Jahrzehnten eingestellt. Jetzt erscheint eine Neue Aula. Handwerklich und in der Aufmachung unzeitgemäß gemacht, versucht sie nicht nur vom Namen her, in die Fußstapfen des Vorgängers zu treten: Inhaltlich leistet sich das Blatt jene „Ungeheuerlichkeiten“, die der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache 2018 beklagt hatte. Dazu später mehr.

Herausgeber Martin Pfeiffer bittet um Unterstützung

Der offizielle Nachfolger der Aula ist seit Dezember die Freilich (JF 51/18). Zum Vorgängerblatt gebe es „keine konstante Linie, außer daß die Herausgeber die Freiheitlichen Akademikerverbände sind“ und man sich auch weiterhin als Organ der Korporationen verstehe, erklärte Verleger Heinrich Sickl, der auch Funktionär in den Freiheitlichen Akademikerverbänden ist, die Freilich finanzieren. 

Das ist bei der Neuen Aula anders. Herausgeber Martin Pfeiffer schreibt in seinem Vorwort, die Zeitung bekomme „keine staatlichen Subventionen und auch keine Parteigelder“. Und sie wolle „auch keine haben“, denn sie sei unabhängig. Dennoch sucht man wie die alte Aula den „Schulterschluß mit den Korporierten“. Zwei Monate sei das Erscheinen finanziell „nahezu“ gesichert. Alle Beteiligten arbeiteten ohne Bezahlung. Es gebe 300 Abonnenten. Bis September 2020 brauche man mindestens 2000. Und man brauche, bittet Pfeiffer die „lieben Leser“, „Ihr Geld“. 

Ob das die Zeitung wert ist? Eigentümer Albert Engelmann zeigt, wo die Reise hingehen soll, nämlich in die Vergangenheit. Daß Strache die Aula einstellte, bedauert er: „Sie war eines der letzten nationalen Organe im deutschen Sprachraum.“ Richtig ist, daß sie zuletzt vor allem mit der deutschen NPD und den Ex-Mitgliedern der 1988 in Österreich verbotenen NDP sympathisiert hatte. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sagte im Juni 2018: „Die Marke ist so beschädigt, daß sie keine Zukunft mehr hat.“ Daher werde auch der Name nicht weitergeführt.

Das tun nun Pfeiffer und Engelmann – journalistisch allerdings nicht gut: Die Neue Aula greift außer den Nationalratswahlen keine aktuellen Themen auf. Auch in der Geschichte über Straches Ibiza-Affäre, hier neugierig machend „Ibiza-Verschwörung“ betitelt, findet sich nichts, was der Leser nicht schon seit Monaten weiß. Die Spekulationen über die Verwicklung von Geheimdiensten sind längst bekannt.

Der Gipfel: Die Zeitschrift veröffentlicht einen Beitrag, der bereits vor einem halben Jahr in der Zur Zeit erschien. Darin fordert Autor Werner Kuich einen Rechtsruck der FPÖ und wirft ihr „Anbiederung an den Zeitgeist“ vor. Und er beruft sich – wie seit Jahrzehnten zahlreiche rechte Publizisten – auf den italienischen Marxisten Antonio Gramsci, der die kulturelle Hegemonie als Voraussetzung für die politische Macht sah. Wo da die „Aktualität“ liegen soll, mit der der Nachdruck begründet wird, erschließt sich nicht so recht. Neu ist vielleicht die Klage Kuichs, daß der „Begriff des Rechtsextremismus mit nationalsozialistischen Bezügen“ aufgeladen sei – aber auch grotesk.

Positiv fällt ein Interview mit Sachsens AfD-Chef Jörg Urban aus dem Rahmen. Dieser kündigt darin die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses an, „der die Verquickungen zwischen CDU-geführter Staatsregierung und der Landeswahlleitung aufdecken soll“. Hintergrund ist die Kürzung der AfD-Liste auf 30 Kandidaten. Dann aber ledert Fred Duswald gegen den „Canossagänger“ Frank-Walter Steinmeier, der am 1. September in Warschau zum 80. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges sprach. 

Der Autor reibt sich an dem Satz „Am 1. September 1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg“ und entgegnet: „Doch ist an dieser Darstellung kein einziges Wort wahr.“ Es folgt eine Relativierungsarie, die einem Schönreden der NS-Verbrechen nahekommt und der alten Aula das Genick gebrochen hat. Für die schrieb auch Duswald.