© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/19 / 18. Oktober 2019

Frisch gepresst

Völkerkunde. Die für 2019 angekündigte Eröffnung des Humboldt-Forums läßt noch eine Weile auf sich warten – angeblich Baumängel. Seit 2017 sorgt die moderne Version des Berliner Stadtschlosses zudem für Aufregung im Feuilleton, weil die von der Multikulti-Ideologie inspirierte geplante Präsentation völkerkundlicher Sammlungen eine Debatte über die Herkunft der Objekte aus finsterer Kolonialzeit ausgelöst hat. H. Glenn Penny, Professor für moderne europäische Geschichte der Universität von Iowa, verfolgt die Geschichte dieser gigantischen Sammlung bis ins 19. Jahrhundert  zurück. Danach habe sich die deutsche Ethnologie, die er als „Tragödie“ darstellt, von ihrem Alexander von Humboldt verpflichteten kosmopolitischen Ursprungskonzept und dem museumsdidaktischen Ziel ihres Gründervaters Adolf Bastian (1826–1905) entfernt. Würde die Sammlung, wie damals vorgesehen, ihre Betrachter zu „menschheitlichem Bewußtsein“ erziehen, so lautet Pennys Botschaft, fände der Dauerstreit um den Berliner Schloß-Ersatz bald ein Ende. (dg)

H. Glenn Penny: Im Schatten Humboldts. Eine tragische Geschichte der deutschen Ethnologie. C. H. Beck, München 2019, gebunden, 287 Seiten, Abb., 26,95 Euro





Digitalisierung. Wer mit der kühnen Feststellung einsteigt, daß moderne Kriege so sehr anders sind, auf daß „die alten Nato-Handbücher auf den Müll gehören“ und sich dabei auf Hannah Arendt, Carl von Clausewitz und Immanuel Kant beruft, hängt die Meßlatte so hoch, wie Interkontinentalraketen fliegen können. Aber Yvonne Hofstetter trifft mit ihrer Beschreibung der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Politik weltweit ins Ziel: „Nordkorea kann die ganze Welt digital erpressen, obwohl seine Wirtschaft schwach, seine Energieversorgung störungsanfällig und die Nation insgesamt kaum digital vernetzt ist.“ Diese „digitale Ermächtigung“ bedrohe sowohl „die internationale Ordnung als auch das Machtmonopol eines einzelnen Staates“. Die 1966 geborene Juristin arbeitete seit 1999 für international führende Unternehmen der Informationstechnologie und Rüstungsindustrie. Für Hofstetter sind „Politik und Krieg ein ungleiches Paar, ein Entweder-Oder, das dennoch unzertrennlich zu sein scheint“. Daß der dieser Erkenntnis abholde Westen besonders angreifbar ist, hatte sie bereits 2018 im Buch „Das Ende der Demokratie“ dargestellt. (mp)

Yvonne Hofstetter: Der unsichtbare Krieg. Wie die Digitalisierung Sicherheit und Stabilität in der Welt bedroht. Droemer Verlag, München 2019, gebunden, 22,90 Euro