Kein Politiker käme auf die Idee, von Volkswagen oder Mercedes zu verlangen, sie müßten ihre Autos so produzieren, wie sie es vor 50 Jahren taten. Und niemand würde zu seinem Arzt oder Zahnarzt gehen und sagen: „Bitte behandeln oder operieren Sie mich mit den Methoden, die zu Zeiten meiner Großeltern bei Patienten angewendet wurden!“
Doch genau solche Maßstäbe sollen für die Landwirtschaft gelten? Politik – auch Agrarpolitik – wird in Städten gemacht, und in der dort lebenden bigotten Bio-Bourgeoisie malt man sich gern ein idyllisches Bild, das mit der Realität auf dem Lande wenig zu tun hat: Der Bauer geht mit Holzpantinen übern Hof, melkt seine drei Kühe und zehn Ziegen und bringt anschließend die Milchkannen mit dem 30-PS-Bulldog – töff töff töff – zum Wochenmarkt. Schöne Vorstellung, wenn man „was mit Medien macht“, in die Hände klatscht und „Alexa“ nach der Einkaufsliste für den Biosupermarkt („Quinoa fehlt noch!“) fragt. Dann kümmert es einen wenig, wenn zu steigenden Preisen für Böden und Maschinen, zu sinkenden Erlösen für Erzeuger oder dürrebedingten Ernteausfällen noch der Staat kommt: mit immer mehr und ständig neuen regulatorischen Eingriffen. Wer vorgibt, dadurch Bienen zu schützen, bekommt Applaus von allen; die Konsequenzen betreffen schließlich nur wenige – die Landwirte. Verständlich, daß sie nun laut protestieren. Die Union, eingeseift vom Umweltschutzministerium des Koalitionspartners und längst verliebt in die Grünen, läßt die grünen Berufe, als deren Interessenvertreter sie sich einst gerierte und deren Stimmen sie sammelte, links liegen.
Die praxisfernen Auflagen des Agrarpakets machen die deutschen Bauern weniger konkurrenzfähig. Dadurch wird es nicht mehr Ökolandbau à la Großstadtidyll, sondern bloß weniger Bauernhöfe geben. Doch wenn der letzte Trecker in der Scheune verrostet, das letzte Weizenfeld von Disteln übersät ist, werden auch die Christdemokraten merken, daß NGOs weder Wurst noch Bier herstellen.