© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/19 / 01. November 2019

Seltener und in geringerem Umfang erwerbstätig
Arbeitmarkt: Ein Bundesprogramm soll die gesellschaftliche Integration von Migrantinnen fördern und den Fachkräftebedarf sichern
Fabian Schmidt-Ahmad

Wer nichts erwartet und mit wenig zufrieden ist, kann auch Erfolg um Erfolg verkünden. Dazu dürfte der regelmäßige Jubel über die Integration von Asylzuwanderern gehören. „Daß wir es schaffen, Geflüchtete zu integrieren, das ist heute nicht mehr nur eine mutige These, sondern inzwischen eine belegbare Aussage“, behauptete der Berliner Bischof Markus Dröge auf der Herbstsynode der Evangelischen Kirche.

Dramatische Schieflage

„Sie haben es geschafft“, freute sich der Spiegel über einzelne „Erfolgsgeschichten“ von Einwanderern aus Krisenländern: „Flüchtlinge wurden Bauleiter, Unternehmer, Arzt.“ Allen Unkenrufen zum Trotz habe man „schon viel erreicht“, verkündete Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. „Gut ein Drittel der Geflüchteten, die in den Jahren 2015 und 2016 gekommen sind, hat bereits Arbeit. Genauso viele sprechen schon gut oder sehr gut Deutsch“, so die CDU-Politikerin.

Ein genauer Blick tut not. Das Statistische Bundesamt zählte zum letzten Stichtag am 31. Dezember 2018 den Rekordwert von 1,781 Millionen Einwanderern, die sich in Deutschland unter Berufung auf humanitäre Gründe aufhalten, also „Flüchtlinge“ oder „Schutzsuchende“ sind. Im Jahr 2014 betrug ihre Anzahl noch weniger als die Hälfte, nämlich 746.000 Personen. Ein Vergleich nach Hauptherkunftsländern der Asylbewerber läßt Rückschlüsse auf ihre Arbeitsleistung zu. Die Bundesagentur für Arbeit zählte demnach 2018 rund 298.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, 2014 betrug ihre Anzahl mit 71.000 rund ein Viertel. Ist das also tatsächlich ein Erfolg?

Volkswirtschaftlich stehen diesen Beschäftigten die Arbeitslosen gegenüber. Hier registrierte die Bundesagentur für Arbeit für 2018 rund 175.000 Personen. 2014 betrug ihre Anzahl noch 59.000. Dieses bereits ungesunde Verhältnis gerät in eine dramatische Schieflage, wenn statt der arbeitslos Registrierten die Zahl der Arbeitssuchenden insgesamt zugrunde gelegt wird. Hier werden auch Personen mitgezählt, die beispielsweise durch Fördermaßnahmen dem Arbeitsmarkt kurzfristig nicht zur Verfügung stehen. Gewaltige 456.000 sind es hier für 2018. Mehr als das Vierfache des Wertes von 2014 (111.000 Personen).

Was die Güte dieser Maßnahmen betrifft, verhilft eine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag zum Förderprogramm „Stark im Beruf – Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein“ zu einem Einblick. Daß Frauen aus Asylländern besonders geringe Beschäftigungsquoten haben, gibt die für das Programm zuständige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend offen zu: „Mütter, die durch mehr als eine Kultur geprägt sind, sind in Deutschland deutlich seltener und in geringerem Stundenumfang erwerbstätig als Mütter ohne Zuwanderungsgeschichte.“ Die Heranführung an den Arbeitsmarkt „dauert meist länger und bindet mehr Ressourcen“. Die etwa 90 mit „zusätzlich zwei Millionen Euro“ geförderten Projekte zeigten aber, daß „viele von ihnen sehr motiviert sind“.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, haben von Februar 2015 bis August 2019 genau 11.037 Frauen an dem Programm teilgenommen. Davon konnten 2.103 Frauen in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden – eine Erfolgsquote von 19 Prozent. Weniger bescheiden die Kosten dieser Maßnahme, die vom Europäischen Sozialfonds getragen werden. Diese betragen im gleichen Zeitraum über acht Millionen Euro, etwas mehr als 3.800 Euro pro erfolgreich vermitteltem Arbeitsplatz.

Doch wird der mit viel Aufwand vermittelte Berufseinstieg von Dauer sein? Zwar seien 88 Prozent der Frauen aus den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern an einer Stelle interessiert, tatsächlich bemüht hätten sich jedoch lediglich neun Prozent, berichtet die Frankfurter Neue Presse. Unter den wenigen die dreißigjährige Somalierin Zaynab Mahmoud, die vor sechs Jahren mit ihrem damals zweijährigen Sohn dem Ehemann nach Frankfurt am Main folgte. Nach drei weiteren Kindern in Deutschland lernt sie nun die hiesige Sprache für eine Ausbildung. „Als Erzieherin muß ich gut Deutsch reden, ich darf keine Fehler machen.“

Damit würde Mahmoud wohl eher eine Ausnahme darstellen. Rund 4.500 Frauen, also mehr als jede dritte, hat das Förderprogramm „vor einem individuell geplanten Austrittsdatum verlassen“, wie es sibyllinisch in der Antwort auf die AfD-Anfrage heißt. Neben dem erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben sind Wegzug, Krankheit oder Schwangerschaft weitere Möglichkeiten. Nach einer Erfolgsgeschichte als Regelfall klingt das alles eher nicht. So steht weiterhin der Vorwurf im Raum, mit arbeitspolitischen Maßnahmen vor allem statistische Kosmetik zu betreiben.

Antwort der Bundesregierung auf die AfD-Anfrage „Sozio-ökonomische Situation von Alleinerziehenden“ (Drucksache 19/12666):

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