© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/19 / 01. November 2019

Frisch gepresst

Fälscher. Der Relotius-Skandal schockierte Ende 2018 die deutsche Presselandschaft. Fast alles wurde in Zeitungsartikeln und einem internen Spiegel-Untersuchungsbericht zusammengetragen: Wie das einstige mit Preisen überhäufte Wunderkind des Journalismus Dutzende Reportagen und Interviews verfälscht oder erfunden hat, und wie Claas Relotius aufflog. Fast alles. Denn Juan Moreno nimmt in seinem Buch „Tausend Zeilen Lüge“ den Leser einen Schritt näher mit heran an „das System Relotius und den deutschen Journalismus“. Näher heran an die nervenaufreibenden Kämpfe gegen die Widerstände beim Spiegel, in denen Moreno den früheren Reporter-Kollegen mit eigenen Nachforschungen letztlich überführte. Schonungslos und detailliert geht der gebürtige Spanier mit dem Spiegel und der kriselnden Printbranche ins Gericht und seziert dabei einen Zeitgeist, der es dem „Hochstapler“ Relotius, der „nie ein Reporter war“, ermöglichte, jahrelang nicht aufzufliegen. Er zeichnet dabei vom „treuen Claas“ das Bild eines stillen, aber egozentrischen „Menschenfängers“ auf der Suche nach Ruhm. Vielleicht die bisher persönlichsten Annäherungen an einen Mann, von dem bis heute kaum Privates bekannt ist, wobei aktuell genau jene Offenbarungen, eher Lappalien, dazu führten, daß Relotius nun gegen den Autor juristisch vorgeht. (gb)

Juan Moreno: Tausend Zeilen Lüge: Das System Relotius und der deutsche Journalismus. Rowohlt Verlag, Berlin 2019, gebunden, 288 Seiten, 18 Euro





DDR-Relikte. Natürlich ist die nach zehn Jahren aktualisierte Auswahl der von Franziska Kleiner zusammengetragenen Überbleibsel des „ersten antifaschistischen Staates auf deutschem Boden“ immer noch subjektiv und lückenhaft. Manches dürfte dem hinterletzten Wessi bekannt sein (Grüner Pfeil, Sandmännchen), anderes wohl nur Eingeweihten (Zeitschrift Bummi oder das letzte Lenin-Denkmal Deutschlands in Schwerin). Einige Dinge haben mit der DDR konkret wenig zu tun (die Halloren-Kugeln gab es schon vorher, ebenso den Müggelsee), anderes wie das DDR-Museum, der Roman „Der Turm“ oder der Film „Das Leben der Anderen“ sind reflektiv. So bleibt in Kleiners augenzwinkernder Bilanz erstaunlich wenig von der „DDR als Fußnote der Geschichte“ (Stefan Heym) übrig: Jugendweihe, Leben in der Platte, der Hafen Mukran und Kathi-Backmischungen. (bä)

Franziska Kleiner: Was von der DDR blieb. Eulenspiegel Verlag, Berlin 2019, gebunden, 159 Seiten, 9,99 Euro