Eine der ganz wenigen ökonomischen Erfolgsgeschichten der jüngsten Zeit ist der sogenannte Markt für „grüne Finanzanlagen“. Sein Volumen ist von 0,7 Milliarden Euro im Jahr 2013 auf 72,9 Milliarden Euro Ende 2018 explosionsartig gewachsen.
Was genau unter einer grünen Anlage zu verstehen ist, wurde noch nicht EU-amtlich definiert. Das dürfte sich in naher Zukunft ändern. Fest steht, daß es irgend etwas mit „Nachhaltigkeit“ zu tun haben dürfte. Doch dieser Begriff wird ebenfalls nicht einheitlich ausgelegt. Wohlhabende Angehörige der älteren Generation, die seit Jahrzehnten mit der spannenden Aufgabe befaßt sind, ihr Vermögen zu erhalten und zu mehren, könnten die Meinung vertreten, daß „nachhaltiges Investieren“ gar nicht neu ist, sondern schon immer praktiziert wurde, ohne es so zu nennen. Die langfristige Beteiligung an Firmen mit Wachstumspotential ist eine beliebte Anlagestrategie. Warren Buffett ist mit ihr steinreich geworden. Viele sind in seine Fußstapfen getreten.
Noch erfüllen viele Unternehmen nicht die Anforderungen an ein grünes Investment.
„Nachhaltigkeit“ meint heute aber etwas ganz anderes, letztlich sogar Gegenteiliges. Die Vorstellung, daß sich eine Investition rechnen muß, gehört der Vergangenheit an und ist nun sogar verpönt. Unternehmen, in die man Geld steckt, sollen damit keine ordinäre Rendite erwirtschaften, sondern es für ethisch einwandfreie Zwecke ausgeben. Ist die Wertschöpfungskette so weit durchleuchtet, daß man den Beschäftigten der Zulieferer in Asien insofern vertrauen kann, daß sie ihren Kindern unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung eine solide Ausbildung finanzieren? Wird Atomstrom in der Energieversorgung des Unternehmens zuverlässig herausgefiltert? Gibt es eine innerbetriebliche Vertrauenskultur, die Antiveganer und Klimaleugner identifiziert und ausstößt? Viele Unternehmen sind noch nicht so weit, daß sie diesen und anderen hohen Anforderungen an grünes Investment gerecht werden. Manche dürften scheitern und vergehen. Das Schöne aber ist: Ein nachhaltiges Unternehmen kann jeder gründen, der reinen Herzens und guten Willens ist. Er muß nicht einmal eine herkömmliche Geschäftsidee haben.