© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Ein Kessel Buntes gegen Rechts
Maßnahmenpaket: Berlin sagt „Haßkriminalität“ den Kampf an

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Schutz des Paragraphen 188 des Strafgesetzbuchs (Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens) gestellt werden. Erleichtert werden soll zudem die Sperrung im Melderegister, um Lokalpolitiker vor Bedrohungen an ihrem Wohnort besser zu schützen – eine Maßnahme, die möglicherweise auch manchen Übergriff auf Häuser von besonders häufig betroffenen AfD-Politikern verhindern könnte. 

Ein Punkt im Paket stößt indes auf breiten Widerstand, was auch zahlreiche Abgeordnete insbesondere aus den Reihen der Union im E-Mail-Eingang zu spüren bekommen. Denn Seehofers Sympathiebekundung in Richtung der etwa zwei Millionen Schützen in Deutschland („ich bin ein großer Anhänger dieser Vereine…“) dürfte eine Einbahnstraße bleiben. Der Grund: die geplante und teilweise mit dem Anschlag von Halle begründete Verschärfung des Waffenrechts. Noch unter die in deutsches Recht zu überführende EU-Feuerwaffenrichtlinie (eine Reaktion auf die islamistischen Attentate 2015 in Frankreich) fallen Veränderungen wie das Verbot von Magazinen mit mehr als zehn beziehungsweise 20 Schuß; oder diejenige, daß Schützen nun für jede ihrer bereits legal erworbenen Waffen 18 Schießtermine pro Jahr nachweisen müssen. Das sei reine Schikane, beschweren sich die Verbände der Waffenbesitzer in einer gemeinsamen Erklärung. 

Der Täter von Halle hatte seine Waffen aus dem 3D-Drucker selbst hergestellt. Die geplanten Verschärfungen hätten die Tat daher nicht verhindert. „Darüber möchte ich nicht spekulieren“, so Seehofer vergangene Woche zu diesem Einwand. Das – schon jetzt – restriktive deutsche Waffenrecht habe Schlimmeres verhindert. Als besonders schikanös empfinden die Legal-Waffenbesitzer wie Schützen und Jäger jedoch, was Seehofer mit den Innenministern der Länder beschlossen hat: Künftig müssen die Behörden vor Erteilung einer (turnusgemäß immer wieder zu erneuernden) Waffenerlaubnis beim Verfassungsschutz abfragen, ob es dort Erkenntnisse über den Antragsteller gibt. Damit würden alle gesetzestreuen Eigentümer legaler Waffen pauschal unter Generalverdacht gestellt. Seehofers Reaktion: Waffen dürften nicht in die Hände von Extremisten gelangen – „ich möchte dazu ernsthafte Gegenargumente hören.“

Auf den Einwand, daß es bei der Kritik um das „Wie“ geht, mit dem solches zu verhindern sei; und daß es doch weniger aufwendig wäre, die Reihen der Extremisten nach Inhabern von Waffenerlaubnissen zu durchforsten (und letztere dann zu entziehen) als die wesentlich größere Gruppe der Waffenbesitzer nach Extremisten, erwiderte ein Sprecher des Innenministeriums diese Woche: Man brauche „bei der Erteilung von Waffenerlaubnissen ein System, das möglichst lückenlos greift“. Daher sei  die Überprüfung aller Antragsteller „sachlogisch“, wenn auch „in unterschiedlichen Priorisierungen“.