© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/19 / 08. November 2019

Grüße aus Bern
Mit Hund und Katze
Frank Liebermann

Der Stadtteil Bümpliz liegt im Westen von Bern. Von dort aus ist der Bremgartenwald in nur wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Für die gestreßten Städter ist die riesige Grünfläche ein beliebtes Naherholungsgebiet. Unter anderem gibt es dort den Glasbrunnen, der ein beliebtes Wanderziel ist. Esoteriker schreiben dem Wasser heilende Kräfte zu. Grund dafür ist, daß die Quelle Wasser spendet, das aus dem Juramassiv stammen soll. Sie gilt als besonders mineralienreich und keimarm, zumindest behauptet das der Volksmund. 

Durch den Wald führen viele Wege, die labyrinthartig verzweigt sind. Wanderer, Jogger, Radfahrer und Hundebesitzer lieben das Gebiet. Eine weitere Liebhabergruppen ist seit einigen Jahren hinzugekommen: die Berner Waldmenschen. Leicht zu finden sind diese nicht. Nur Trampelpfade führen zu ihnen. Bei den Waldmenschen handelt es sich um eine spezielle Spezies. Diese hat sich in Zelten und selbstgebauten Unterkünften dort eingerichtet. Und das seit über sieben Jahren. Im härtesten Winter und bei sengender Hitze, die Waldmenschen leben in ihrem selbstgewählten Stück Freiheit, gemeinsam mit Hunden und Katzen.

Angeblich störten die Waldmenschen Flora und Fauna, was die Bewirtschaftung störte.

Selbst verstehen sie sich als Teil der Natur. Als Feuerholz nutzen sie abgebrochene Äste, Wasser gibt es am Brunnen, an dem sie sich auch waschen. Zur Last fallen wollen sie der Gemeinschaft nicht. Sie beziehen keine Sozialleistungen, sondern finanzieren sich selbst. Ihr bescheidenes Leben bestreiten sie durch Betteln oder den Verkauf von Gegenständen, die sie selbst hergestellt haben. Trotz allem haben die weißen, meist gepiercten Langhaarigen nicht nur Freunde. Spaziergänger erschraken sich schon über deren Anblick, weisen diese doch gewisse Ähnlichkeiten mit den Hobbits oder anderen Gestalten aus Mittelerde auf. Mittlerweile sind die Aussteiger schon fast prominent. Die großen Zeitungen haben über sie berichtet, das Schweizer Fernsehen ebenfalls, und angeblich ist das Lager sogar auf Google Maps zu sehen. Nachdem das einige Jahre gut ging, mußten die Waldmenschen vor einigen Wochen umziehen. Ihr Standort war nicht optimal, meinten die Waldbesitzer. Angeblich störten sie Flora und Fauna, was die Bewirtschaftung störte und die Politik zum Handeln zwang. Jetzt sind sie an den Waldrand umgezogen, der im Besitz der Gemeinde ist. Dort stören sie angeblich weniger. Und auch sie sind dort zufriedener. Einer regionalen Zeitung haben sie mitgeteilt, daß es dort die schöneren Sonnenaufgänge gebe.