© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/19 / 15. November 2019

Silvia Breher. Überraschend rückt die vielen Unbekannte wohl ins CDU-Präsidium ein.
Allein unter Promis
Christian Vollradt

Bitte wer? Selbst mit dem Bundesberliner Betrieb Vertraute stutzen meist, wenn der Name Silvia Breher fällt. Zeigt man jedoch ein Foto von ihr, folgt oft der Ausruf: „Ach die!“ Denn die 46jährige, die seit 2017 für die CDU im Bundestag sitzt, ist vor allem mit ihrer Frisur aufgefallen: kurze, hochgestellte, blondierte Haare (à la Miley Cyrus 2014). Trotz noch geringer Bekanntheit nach gerade einmal zwei Jahren in der Politik, schickt sich die gelernte Rechtsanwältin an, auf dem Bundesparteitag in zwei Wochen ins Präsidium der CDU aufzusteigen: Sie soll – als Nachfolgerin der zur EU-Kommission gewechselten Ursula von der Leyen – Stellvertreterin von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer werden.

Wie kommt’s? Nun, weil die Spitze im Konrad-Adenauer-Haus nicht etwa nach Leistungen oder politischer Zugkraft besetzt wird, sondern gemäß einem fein austarierten Proporz. Geographie und Geschlecht spielen dabei die entscheidende Rolle: Mit ihren rund 61.000 Mitgliedern haben die Niedersachsen Anspruch auf einen Vize. Deswegen muß auf die Hannoveranerin von der Leyen jemand folgen, der ebenfalls aus dem Land zwischen Harz und Nordsee stammt. Hinzu kommt die Geschlechterquote: Drei Vize sind männlich – Armin Laschet, Thomas Strobl, Volker Bouffier –, zwei weiblich, weshalb neben Julia Klöckner eine weitere Frau gehört und Niedersachsens CDU-Vorsitzender Bernd Althusmann als Kandidat ausschied. 

Nominierte der statt seiner nun bewußt eine Nicht-Prominente für eine Riege von Ministern und Ministerpräsidenten? Diesen Eindruck will Breher betont selbstbewußt zerstreuen. Schließlich ist sie die Erststimmen-Königin des Bundestags. Niemand bekam (relativ) mehr als die 57,7 Prozent der Direktkandidatin des tiefschwarzen Wahlkreises Cloppenburg-Vechta. Dort hatte sie sich zunächst in einer Versammlung vor etwa 2.000 CDU-Mitgliedern gegen drei innerparteiliche Mitbewerber durchgesetzt. Bei Parteifreunden in der Region gilt die Bauerntochter aus dem beschaulichen Löningen als „taff, bodenständig und bürgernah“. Zu Diskussionen in der Dorfkneipe lädt sie auch mal Prominente aus Wirtschaft oder Kirche ein. Römisch-katholisch, Landjugendhintergrund, drei Kinder: das sind Brehers Parameter, die im konservativen Oldenburger Münsterland mit seinem Geburtenüberschuß ankommen. Doch – typisch CDU – hat die künftige stellvertretende Vorsitzende inhaltlich auch für das mittelinks-säkulare Großstadtdeutschland genug im programmatischen Gemischtwarenladen: Gleichstellung und „das Frauenthema“, wie sie es einmal formulierte, sind bei ihr gesetzt – und freilich ist sie auch pro „Ehe für alle“. 

Nach ihrem Werdegang müsse sie sich wohl als „Feministin“ bezeichnen lassen, gestand Breher jüngst dem Spiegel. Das klingt immerhin besser als Quotenfrau oder „die interessanteste Frisur des Bundestags“. 

 www.silvia-breher.de