© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/19 / 15. November 2019

DVD: Mord 101
Falscher Verdacht
Werner Olles

Der berühmte Bestseller-Autor Charles Lattimore (Pierce Brosnan), ein Englisch-Professor mit Leidenschaft für literarische Morde, läßt seine Studenten über das perfekte Verbrechen arbeiten. Einst belastete er mit seinen akribischen Recherchen den Ehemann einer ermordeten Frau, der dann auch für die Tat, die er immer bestritten hatte, verurteilt wurde.

Lattimores Ex-Ehefrau Laura (Dey Young) bittet ihn, an ihrem College Vorträge über seine schriftstellerische Arbeit zu halten. Als eine der Studentinnen nach einem Treffen mit Charles ermordet aufgefunden wird, verdächtigt die Polizei den Professor als Täter, während er selbst eine Intrige gegen sich vermutet. Dann wird auch Lauras Lebensgefährte ermordet, aber Lattimore recherchiert mit Hilfe eines seiner Studenten die Tat, und tatsächlich wird als Täter ein Polizist entlarvt, der mit der vor Jahren ermordeten Frau eine außereheliche Beziehung hatte. Der Polizist versucht Charles und seinen studentischen Helfer zu töten …

Bill Condons „Mord 101“ („Murder 101“, USA 1991) ist ein ausgefeiltes Kriminalpuzzle in einer gediegenen Fernseh-Fassung (TV-Titel: „Ein Fall für Professor Lattimore“). Der Regisseur und Drebuchautor erhielt 1992 für „Mord 101“ den begehrten Edgar Allan Poe Award. Leider verschenkt der eigentlich straff inszenierte Film von ausgeklügelter Spannung und raffinierter Handlungskonstruktion, der seinen Stoff vor allem über Dialoge transportiert – was von zahlreichen Kritikern bemängelt wurde –, diesen Komplex, indem er die Detailgenauigkeit aus einer arroganten Position heraus psychologisiert.

Insgesamt ist „Mord 101“ ein effektvoller Thriller, allerdings mit einigen Unglaubwürdigkeiten in der Charakterzeichnung. Hauptdarsteller Pierce Brosnan, der sich später als ideale James-Bond-Besetzung erwies, gibt seinem Professor Lattimore bei aller intellektuellen Überlegenheit menschliche Züge und offenbart eine diebische Lust am witzig-hintergründigen Wortgeplänkel. Der Zuschauer verfolgt das mit Genuß, er hat sich bis dahin längst der Geschichte anvertraut und ihre Prämissen akzeptiert. Das läßt den Film so urban erscheinen inmitten provinzieller Bemühungen, durch lockeres Zitieren historischer Amerikanismen Weltäufigkeit zu demonstrieren.