© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/19 / 22. November 2019

Frisch gepresst

Kriegsapologet. Mit 48 Jahren meldet sich im August 1914 der Hauptmann der Reserve René Quinton, ein mit alternativen Heilmethoden mäßig erfolgreicher Biologe, als Kriegsfreiwilliger. In den dreißig Schlachten an der Westfront, an denen er sich bis 1918 als der französische Ernst Jünger bewährt, wird er achtmal verwundet, häufig in Heeresberichten lobend erwähnt und hoch ausgezeichnet. Er verläßt die Armee als Oberstleutnant und kommt vor seinem Tod im Juli 1925 gerade noch dazu, seine „Maximes sur la Guerre“ abzuschließen, die erst 1930 posthum und 1936 in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die Stimme des Krieges“ erschienen sind. Erweitert um einige aphoristische Stücke aus seinen „Pensées et Réflexions diverses“ hat sie nun der Schweizer Militärhistoriker Jean-Jacques Langendorf neu herausgegeben. Das ist keine Lektüre für pazifistische Gemüter. Nicht nur, weil Quinton seinen Nationalismus als Lebenszustand kultivierte, sondern weil der Darwinist und Kriegsapologet im Kampf jene „Erfahrungen des erhöhten Menschen“ und den „natürlichen Zustand alles Männlichen“ zu finden meinte, die das Zivilleben nicht mehr bieten konnten. (ob)

René Quinton: Die Stimme des Krieges. Maximen. Karolinger Verlag, Wien 2019, gebunden, 126 Seiten, 19 Euro





Totalitär. Philipp Ruch, Gründer und Künstler des „Zentrums für politische Schönheit“, ruft zum Kampf auf – zum Kampf gegen Rassismus, Fanatismus und Demokratiefeindlichkeit. Es soll eine Anleitung für kompromißlose Demokraten sein und bereits da steckt der Fehler. Demokratie braucht den Kompromiß. Ruch verleugnet diesen und tritt mit Absolutheitsanspruch auf. Wer nicht seiner Meinung ist, ist Extremist, der bekämpft werden muß. Demokratie schließt den Gedanken ein, daß der politische Gegner recht haben könnte – ein für Ruch fremder Gedanke. Wer Andersdenkenden ein Forum gibt, gehört geächtet. Mit der AfD sieht er nicht weniger als das Vierte Reich aufziehen, mit Abschaffung von Presse- oder Kunstfreiheit. Als Beispiel zieht er seine umstrittenen Kunstaktionen heran. Als abschreckendes Dokument, daß totalitäre Figuren wie Ruch allezeit bereitstünden, um Menschen anderer Gesinnung zu schurigeln, ist dieses Machwerk des Fanatismus immerhin tauglich. (hm)

Philipp Ruch: Schluß mit der Geduld – jeder kann etwas bewirken – eine Anleitung für kompromißlose Demokraten. Ludwig Verlag, München 2019, broschiert, 192 Seiten, 12 Euro