© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/19 / 29. November 2019

„Die Einwanderung schadet uns“
Interview: Der EU-Abgeordnete Teuvo Hakkarainen über seine ersten Erfahrungen in Brüssel
Olli Kotro / Curd-Torsten Weick

Herr Hakkarainen, als Abgeordneter sind Sie erstmals im EU-Parlament. Mit welchen Vorstellungen sind Sie nach Brüssel gekommen? Haben sich diese bestätigt?

Teuvo Hakkarainen: Mein Ausgangspunkt ist, daß es von Finnland ein großer Fehler war, der EU oder dem Euroraum überhaupt beizutreten. Diese Entscheidung macht uns verantwortlich für die Schulden und Probleme der anderen. Ich weise hier besonders auf die Griechenland-Krise und auf die Ideen der Euro-Elite für eine größere Solidarität hin. Außerdem können wir die Einwanderung nicht so kontrollieren, wie wir dies als unabhängiger Staat könnten. Gerade der Empfang im Europäischen Parlament  war unangenehmer, als ich mir vorgestellt hatte. Die euroföderalistischen Gruppen haben uns isoliert. Ergebnis: Obwohl es uns zustand, haben wir keinen Vorsitzenden-Posten eines Ausschusses erhalten.

Die Finnen-Partei (Perussuomalaiset) ist Mitglied der Fraktion Identität und Demokratie (ID). 73 Abgeordnete aus Flandern (Vlaams Belang), Dänemark (Dänische Volkspartei), Deutschland (AfD) Frankreich (Rassemblement National), Italien (Lega) oder Österreich (FPÖ). Wie klappt die Zusammenarbeit?

Hakkarainen: Die Zusammenarbeit läuft sehr gut. Nichtsdestotrotz ist auch klar, daß die Parteien Unterschiede und nationale Besonderheiten haben. Doch  es ist eine Freude, in einer Gruppe zu sein, in der patriotisches Denken Mainstream ist.

Parallel zur ID besteht die ebenfalls EU-kritische Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) unter Führung der polnischen PiS. Mit dabei Schwedendemokraten, Fratelli d’Italia oder die spanische Vox. Eine Konkurrenz. Oder gibt es Kooperation mit der EKR?

Hakkarainen: Wir sind immer bereit, mit der EKR-Fraktion  zu kooperieren. Es ist natürlich sehr schade, daß nicht alle patriotischen und souveränistischen Parteien in einer Fraktion zusammengefunden haben. Gruppengrenzen oder persönliche Animositäten sollten aber kein Hindernis sein, die Idee eines Europas der Vaterländer weiter zu befördern.  

„Die Lebensdauer der EU geht bald zu Ende“ 

Noch im letzten EU-Parlament war Perussuomalaiset in der EKR-Fraktion. Was gab den Ausschlag für den Wechsel?

Hakkarainen: Es war klar, daß im EU-Parlament zumindest eine deutlich souveränistische Fraktion auf einer neuen und breiteren Basis geformt werden muß. Ich beurteile nicht die EKR-Gruppe, da ich kein Mitglied war, aber ich glaube, daß unser Profil erkennbarer in einer patriotischen und souveränistischen Gruppe ist. Man muß auch bedenken, daß sich die Struktur der EKR nach den EU-Wahlen komplett geändert hat. Die britischen Konservativen haben viele Abgeordentensitze verloren und ihre Führungsrolle eingebüßt. Ich freue mich selbstverständlich auf den Brexit, und ich wünsche mir, daß der Austritt auch andere Länder ermutigen wird, die Europäische Union zu verlassen. 

Seit der EU-Wahl im Mai, bei der die Finnen-Partei 13,8 Prozent (zwei Sitze) erzielte, steigt ihre Partei in den Umfragen und liegt jetzt mit 23 Prozent an der Spitze. Was hat das für Gründe? ?

Hakkarainen: Wir sind konsequent gewesen, und wir sind die einzige nationale Option. Die konservativ-liberale Sammlungspartei und die Sozialdemokraten sind von den Grünen kaum zu unterscheiden und versuchen jedem zu gefallen. In der Tat gibt es in Finnland ein Zweiparteiensystem, die Finnen-Partei und die anderen. Die andere Parteien befördern heimtückisch die Idee, Finnland als Teil der Vereinigten Staaten von Europa zu sehen und fördern die Einwanderung, die uns schadet. Die Finnen haben dies verstanden.

Themen wie Gleichstellung und Antidiskriminierung prägen die Arbeit im EU-Parlament. Gerade wird die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie debattiert. Ihre Einstellung dazu??

Hakkarainen: Ich bin für Gleichberechtigung, aber Gleichberechtigung der Möglichkeiten, jedem die gleiche Chance geben. Leider sind Sachen wie Gleichberechtigung und Diskriminierung zu Mode-Themen geworden, die man als Vorwand benutzt, schädliche Einwanderung zu befördern. Es ist schwer zu begreifen, daß die gleichen Parteien, die über Gleichberechtigung reden, bereit sind, den Einfluß des politischen Islams oder frauenverachtende kulturelle Sitten zu akzeptieren. 

Im Sommer nahmen Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Portugal und Finnland illegale Migranten der Sea Watch 3 auf. Welche Rolle spielt das Thema Migration in Finnland? Wie werten Sie die Situation?

Hakkarainen: Finnland blieb lange, bis zum Anfang der 90er Jahre ein Land, das frei war von schädlicher Einwanderung. Die EU-Mitgliedschaft und der Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention waren Fehler, die die Türen zur schädlichen Einwanderung geöffnet haben. Finnland hat im Laufe der vergangenen 20 bis 30 Jahre Zigtausende von Menschen empfangen, die nicht im Arbeitsleben stehen und nichts für die Gesellschaft tun. Deren Vollpension wird uns sehr teuer zu stehen kommen. Nicht zu vergessen die Probleme mit steigender Sexualkriminalität und Terrorbedrohung. Wir sind die einzige Partei, die so etwas nicht will.

Ein Team von Ökonomen der Aalto-Universität Helsinki hat die Einführung einer jährlichen Obergrenze für CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen empfohlen, falls Finnland sein ehrgeiziges Ziel erreichen wolle, die Verkehrsemissionen bis 2030 zu halbieren. Der richtige Weg?

Hakkarainen: Finnland versucht verzweifelt, besonders während der aktuellen EU-Ratspräsidentschaft, sich als Musterschüler darzustellen. Je verrücktere Ideen unten dem Klimathema vorgestellt werden, desto mehr begeistern sich die Kartellmedien und Konsenspolitiker. Finnland ist ein Land der langen Wege, und wir haben die beste Luftqualität in Europa. Wenn man sich Indien und China anschaut, ist es schwer zu verstehen, woher dieser Wille stammt, die Industrie und Autofahrer des kleinen Finnlands zu bestrafen. Will man damit das Elend vermehren? 

Wie bewerten Sie Ihre Arbeit im EU-Parlament? Ein vergeblicher Kampf gegen Windmühlen?

Hakkarainen: Ich arbeite mit voller Kraft für ein unabhängiges Finnland und für das Beste der Finnen. Das EU-Projekt muß gestoppt werden. Ich bin mir relativ sicher, daß die Lebensdauer der EU bald zu Ende geht. Der euroföderalistische Fanatismus, der von Merkel & Co. befördert wird, ist eine Schnapsidee, die von den europäischen Völkern abgelehnt wird.