© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/19 / 29. November 2019

CD-Kritik: Quatuor Arod, Elsa Dreisig
Feurige Pferde
Jens Knorr

Im Jahre 1901 heiratet Mathilde, Schwester des Komponisten Alexander von Zemlinsky, dessen Schüler Arnold Schönberg. Mathilde beginnt 1908 eine Affäre mit dem Maler Richard Gerstl, der seit 1906 zum Schönberg-Kreis gehört. Schönberg überrascht die beiden in flagranti. Sie fliehen. Anton Webern, Kompositionsschüler Schönbergs, kann Mathilde überreden, endgültig zu Arnold zurückzukehren, der Kinder wegen. Richard erhängt sich. Mathilde stirbt 1923 an Krebs.

Das französische Quatuor Arod, benannt nach dem feurigen Pferd aus Tolkiens „Herr der Ringe“, ordnet Weberns Langsamen Satz für Streichquartett, Schönbergs Zweites Streichquartett op. 10 – Mathilde gewidmet: „meiner Frau“ – und Zemlinskys Zweites Streichquartett op. 15 zu einem Album an. Aus allen drei Stücken weht mehr noch Atem der Zeit, als daß sie sich allein auf „Zwölftonfamilienverhältnisse“ herunterbrechen ließen, wie Hanns Eisler dieserart bürgerliche Wickel zu apostrophieren pflegte. Doch so weit war es mit dem Triebleben der Klänge noch nicht gekommen, vorerst nur bis zur freien Tonalität. Dem geben sich die vier vom Quatuor Arod und die Sopranistin Elsa Dreisig mit unbedingtem Ausdruckswillen hin, aber kaum schon dialogisch. Sie suchen einander nachgerade darin zu überbieten, die Male der Tragödie von 1908 zur Sprache zu bringen.

Quatuor Arod Das Mathilde-Album Erato 2019  www.quatuorarod.com