© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Lesereinspruch

Noch nicht entsorgt

Zu: „Klammheimlich verabschiedet“ von Konrad Löw (JF 47/19)

Es ist traurig, daß Konrad Löw in seinem Beitrag über den SPD-Programmparteitag in Bad Godesberg den großen Denker Karl Marx mit Goebbels und Stalin in Zusammenhang bringt. Vor allem aber: Marx wurde nicht klammheimlich entsorgt. In Wahrheit fand in der SPD bis in die 1980er Jahre eine lebendige Diskussion über den Marxismus statt.

Die leninistische Folie, die der Staatssozialismus über Marx warf, ist nicht das Projekt der Freiheit, die die sozialistische Bewegung verallgemeinern wollte. Marx und Engels sprachen von den politischen Freiheitsrechten, diese seien für die Arbeiterbewegung die „Luft, die sie zu Atmen nötig hat“ (MEW 16,77). Auch nach dem Untergang des Staatssozialismus hat sich die Frage der halbierten politischen Demokratie – siehe „Die Diktatur des Kapitals“ (Hannes Hofbauer, 2015) – nicht erledigt: Das erfahren wir jeden Tag, die Herrschaft der Sachen über die Menschen, wie ich es auch selbst reflektiert habe im 2000 erschienenen Buch „Freiheit und Sozialismus“ (Seite 143 ff.).

Dr. Robert Lederer, Weimar