© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Hans von Storch. Der renommierte Forscher hinterfragt die Klimahysterie auf eigene Art.
„Tööf ma!“
Karsten Mark

Hans von Storch zählt nicht zu jenem Typ Experte, den die Medien, etwa zum derzeitigen Weltklimagipfel, gerne in die erste Reihe stellen. Statt auf alle Fragen sofort eine Antwort zu wissen, schweigt der bedächtige Professor lieber mal einen Moment, um nachzudenken, bevor er etwas sagt. „Tööf ma“, also „Warte mal, Moment mal“, gehört zu den plattdeutschen Ausrufen, die Storch gerne einstreut. Zum einen, um seine nordfriesische Abstammung zu unterstreichen – geboren wurde er 1949 in Wyk auf der Insel Föhr, die südlich von Sylt liegt –, zum anderen und vor allem, um darauf aufmerksam zu machen, daß seriöse Wissenschaft ihre Zeit braucht, um fundierte Aussagen zu treffen. Das steht im Gegensatz zum Gebaren vieler seiner Kollegen in der Klimaforschung, die nicht müde werden, Alarm zu schlagen und die Politik zum sofortigen Handeln zu drängen.

Müde wird allerdings zusehends die Öffentlichkeit vom schrillen Daueralarm. Und dann ist Storch als Experte gefragt, der Ruhe in die Diskussion bringt. An seiner Reputation besteht kein Zweifel: Der Mathematiker arbeitete neun Jahre am Max-Planck-Institut für Meteorologie und leitet heute das Helmholtz-Institut für Küstenforschung in Geesthacht/Lauenburg. 

Zwar zählt er keineswegs zu den „Klimaleugnern“, die einen Zusammenhang zwischen menschengemachten Verbrennungsgasen und globaler Erwärmung in Zweifel ziehen, und sagt, wenn die Politik die Erwärmung auf 1,5 bis zwei Grad begrenzen wolle, sei es „höchste Eisenbahn für massives Umsteuern“. Jedoch sieht er sich als Wissenschaftler nicht in der Rolle, politische Forderungen zu formulieren, im Gegenteil: Wissenschaftler seien „Fachidioten“, die viel auf ihrem Gebiet verstünden, von allem anderen, über das Politik auch noch zu entscheiden habe, aber sehr wenig. Und schließlich könne die Begrenzung der globalen Erwärmung nicht der einzige Faktor für politische Entscheidungen sein. Wer etwa das Ende sämtlicher Kohlekraftwerke fordere, müsse darüber nachdenken, daß das in Südafrika, wo es zu wenig Strom gebe, extrem harte Einschnitte in die Lebensqualität bedeute. 

Das Klimathema als die „alles beherrschende Schicksalsfrage, die größte Bedrohung aller Zeiten“ darzustellen und Themen wie Armut, Krankheit oder Hunger zweitrangig erscheinen zu lassen, sei eine rein westliche Sichtweise. Und wenn Klein-Greta vor der Uno-Vollversammlung beklage „Ihr habt mir meine Jugend gestohlen!“, so sei das „dumm Tüch – dummes Zeug“. Ein syrisches Mädchen in ihrem Alter hätte viel eher einen Grund, so etwas zu behaupten. 

Auch für apokalyptische „Remmidemmi-Studien“ (Storch) einiger seiner Kollegen hat der 70jährige wenig Sympathie. Da werde vieles zu schnell veröffentlicht, findet er, über das man „vielleicht noch mal drei Jahre hätte nachdenken können“.