© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Die lila Kuh grast in Bulgarien
Süßwarenindustrie: Trotz Globalisierung gibt es noch deutsche Hersteller
Christian Schreiber

Der globale Markt für Schokolade wird auf über hundert Milliarden Euro jährlich geschätzt. Nur fünf Prozent davon stammen aus Deutschland. Daher ist es kein Wunder, daß laut einer Verbrauchs- und Medienanalyse etwa 36 Prozent der Deutschen regelmäßig „Milka“ konsumieren. Denn die seit 1973 mit einer lila Kuh werbende Marke ist längst nicht mehr alpenländisch. Ursprünglich aus dem Hause Suchard stammend, wurde die Schweizer Firma vor 30 Jahren vom US-Konzern Kraft geschluckt. 2012 wurde dessen Süßwarenteil zu Mondelez ausgegliedert. Heute wird „Milka“ in Fabriken im badischen Lörrach und im westbulgarischen Swoge hergestellt.

So erging es auch vielen ursprünglich deutschen Produzenten. Der Name „Sarotti“ wurde zwar vor 125 Jahren ins deutsche Handelsregister eingetragen – doch schon 1929 übernahm die Schweizer Nestlé die Mehrheit an der Sarotti AG. Von 1998 an im Besitz der Kölner Stollwerck GmbH, wurde „Sarotti“ 2002 von Barry Callebaut (Schweiz) übernommen und 2011 an die belgische Unternehmensgruppe Baronie verkauft.

An die glorreichen Zeiten in Berlin und in Hattersheim am Main erinnern nur noch die denkmalgeschützten Villen in der Hauptstadt sowie das heutige Museum in Hessen. Aber deutsche Schokoladenhersteller gibt es tatsächlich noch. Allen voran die württembergische Firma Alfred Ritter, die sich mit „Ritter Sport“ auf dem deutschen Markt wacker schlägt und nur knapp hinter Milka und vor der Schweizer Edelmarke Lindt liegt. Die Form, das Quadrat, ist im Schokoladenmarkt zu einem bekannten Erkennungsmerkmal geworden. Mit der Geschenkschokolade Merci hat auch die August Storck GmbH aus Westfalen ein Alleinstellungsmerkmal, das ihr eine sichere Marktposition beschert.

Hachez-Produktion in Bremen endet 2020

Doch auch die Schokoladenhersteller – egal ob in Deutschland oder weltweit – haben mit Problemen und Herausforderungen zu kämpfen. Die Süßigkeit gilt mittlerweile allgemein als ungesund, zudem machen Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz auch den Produzenten zu schaffen. In den vergangenen Jahren sank der Umsatz in Deutschland um rund zehn Prozent. Der Aufwand, der für eine Tafel Schokolade betrieben wird, ist dabei immens. 5,5 Millionen Farmer ernten rund 3,9 Millionen Tonnen Kakaobohnen jährlich. Um ein Pfund beziehungsweise mehr als zwei Tafeln Schokolade herzustellen, werden 400 Kakaobohnen benötigt. Ritter, ein Unternehmen, das Wert auf Nachhaltigkeit legt, teilt mit, daß es seine Bohnen ausschließlich von einer eigenen Plantage in Nicaragua bezieht.

Ein bekannter Name unter Deutschlands Herstellern ist auch die Ludwig-Schokolade, die heute vor allem unter dem Namen Trumpf in den Regalen zu finden ist. Bereits 1857 von Leonhard Monheim gegründet, ist das Unternehmen mittlerweile in über 70 Ländern vertreten. Die Produktion wird zum Teil in Deutschland und zum Teil in anderen Ländern wie Polen durchgeführt. Heute gehört Ludwig zum Lebensmittel-Mischkonzern Krüger. Das Unternehmen ist europaweiter Marktführer bei Instantprodukten wie löslichen Kaffee-, Kakao- oder Teespezialitäten.

Die edle Schokolade von Hachez wurde seit Beginn der Gründung 1890 in der Hansestadt Bremen produziert. Das Unternehmen war stolz darauf, alle Produktionsschritte vor Ort durchzuführen. Doch offenbar sah der neue Eigentümer, der dänische Süßwarenkonzern Toms, woanders höhere Gewinnchancen: Das Bremer Werk wird zum Jahresende stillgelegt, die Produktion soll künftig in Polen erfolgen. Eine weitere Marke hält sich dagegen hartnäckig. Das Familienunternehmen Rausch produziert in Berlin mittlerweile in fünfter Generation Süßigkeiten. Doch die Schokolade gibt es, bis auf die Discounter-Produkte, seit September 2015 nur noch im Rausch-Onlineshop und im eigenen Schokoladenhaus „Fassbender und Rausch“ am Gendarmenmarkt in Berlin und nicht mehr im stationären Einzelhandel.

Durch die Kooperation mit Lidl verbucht die Firma allerdings große Umsätze. Lange stellte die Berliner Firma auch die rot glitzernden Schokoladenherzen der Fluggesellschaft Air Berlin her. „Wir befinden uns in einer Branche, die einem steten Wandel ausgesetzt ist“, sagt Firmenchef Robert Rausch.

Bundesverband der Süßwarenindustrie

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