© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/19 / 06. Dezember 2019

Frisch gepresst

Nihilismus. Der Bedeutungsverlust der Religion, der im Europa des 18. Jahrhunderts mit der Aufklärung begann, setzte sich im 19. Jahrhundert, das im Glauben an die Problemlösungskompetenz der Wissenschaft nur eine Art Ersatzreligion fand, mit Rasanz bis zum Glaubensverlust fort, den Ludwig Feuerbach auf die bündige Formel brachte: Gott ist nichts als menschliche Erfindung. Oder, wie Feuerbachs Adept Karl Marx folgerte, ein Opiat, das die Massen über ihre sinnentleerte Existenz im Kapitalismus hinwegtäuschen solle. Mit der weltweiten Expansion dieses Systems muß es also notwendig zur „Globalisierung des Nihilismus“ kommen, der sich Werner Schneiders in einem anregenden Essay zuwendet. Schade nur, daß der emeritierte Münsteraner Philosoph das Thema nicht als historisch unterbaute Gegenwartsanalyse angeht. So ignoriert er die Frage, inwieweit der Nihilismus als „Zivilisationskrankheit“, als „Krebsgeschwür“, ein Phänomen ist, das die sozioökonomischen Gesellschaftsstrukturen des globalen Nordens voraussetzt. Wo diese weitgehend fehlen, wie in der islamischen Welt, endet die Macht des Sinnihilismus. Es sei denn, wie Schneiders lediglich andeutet, der fanatische Antinihilismus des Islam überdecke nur die im „Herzen des Hasses“ nistenden Zweifel an der Wahrheit der Lehre des Propheten. (wm)

Werner Schneiders: Die Globalisierung des Nihilismus. Verlag Karl Alber, Freiburg 2019, gebunden, 118 Seiten, 29 Euro





Karibik. Das Kreuzfahrtgeschäft boomt. Weit über zwei Millionen Deutsche buchten im letzten Jahr eine Reise bei einem der großen Anbieter. So auch Ludwig Witzani, der erstmals auf zweien der jüngst ökologisch in Verruf geratenen Urlaubsdampfer durch die Karibik reiste. Dabei ist der Autor erfahrener Reisebuchautor, der bereits über Tibet und Patagonien, Alaska und Papua berichtet hat. Nun erkundet er als Novize die unbekannte Welt der Kreuzfahrtbiotope. Das ist nur eine der Facetten, aus der in dem reich illustrierten Buch manch amüsanter Funke geschlagen wird. Der andere Schwerpunkt des Buches besteht in der Beschreibung des Zielgebietes. Dabei umfaßt diese komprimierte „Einführung in die Karibik“ auch historische Exkurse wie in die Geschichte des transatlantischen Sklavenhandels, den Untergang der Mayas oder den Bau des Panamakanals. (wb)

Ludwig Witzani: Karibisches Reisetagebuch. Mit der AIDAdiva und der Mein Schiff 6 durch die östliche und westliche Karibik. Epubli Verlag, Berlin 2019, broschiert, 256 Seiten, 13,95 Euro