© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Grundlagenpapier der CDU Sachsen-Anhalt
Babylonische Gefangenschaft
Christian Vollradt

Die politischen Auguren waren am Wochenende so sehr damit beschäftigt, der SPD in Berlin beim Linksschwenk zuzuschauen, daß ihnen wohl entging, wie sich zeitgleich etwas weiter südwestlich das Gegenteil abspielte: Sachsen-Anhalts CDU rückte – ebenfalls auf Druck der Basis – ein gutes Stück nach rechts. Die Motive sind nahezu identisch, wenn auch spiegelverkehrt: die babylonische Gefangenschaft in einer ungeliebten Koalition. Und der dadurch ausgelöste Wunsch nach einer programmatischen Erneuerung – oder Rückbesinnung.

So wie bei der SPD nicht die „von oben“ bevorzugten Kandidaten für den Vorsitz reüssierten, schrieben die aufmüpfigen CDU-Kreisverbände kurzerhand ein Programmpapier um. Die Abgrenzung zur AfD ist nun weit weniger strikt, als es die Vorlage der Parteispitze vorsah. Der Tenor jetzt: eine Koalition ist – noch – ausgeschlossen, ein Sichduldenlassen mitnichten. Programmatisch segnete der Parteitag ab, was bei den Kenia-Koalitionären wie auch im Adenauerhaus für wenig Freude sorgen dürfte: Stärkung der traditionellen Familie, Europa der Vaterländer, Obergrenze für Asylbewerber sowie Abweisungen an der Grenze; und „daß der Islam nicht zu Deutschland gehört“. Sicher: Papier, auch Grundlagenpapier, ist geduldig – und Magdeburg ist nicht Berlin. Aber politische Veränderungen beginnen meistens nicht mit dem einen großen Wurf, sondern mit vielen kleinen Schritten. Einer wurde an der Elbe nun getan.