© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Massenproteste gegen Rentenreform in Frankreich
Die Hütte brennt
Jürgen Liminski

Der Rentenstreit in Frankreich hat das Zeug zu einem politischen Verdun, zu einer Abnutzungsschlacht ohne wirkliche Gewinner und mit vielen Verlierern. Die ersten Verlierer stehen schon fest: Die Geschäftsleute in den großen Städten müssen eines der ertragsreichsten Wochenenden des Jahres abhaken. Viele Unternehmen, die das Material für die Produktion nicht geliefert bekommen, müssen Kurzarbeit anmelden. Verlieren dürften auch die Gewerkschaften für Bahn und Verkehr. 

Denn ihr Streik trifft das Land am Lebensnerv, der Mobilität, und das nervt nicht nur die Politik. Der dritte Verlierer könnte Premierminister Edouard Philippe sein. Er hätte diese größte Rentenreform seit 1945 medial besser vorbereiten müssen. Sollten die Streiks anhalten, wird Präsident Macron seinen Premier nicht halten können.

Es reicht nicht zu sagen, diese Reform sei demographisch, finanziell und aus Systemgründen notwendig. Das stimmt, bedarf aber wiederholter Erklärungen. Es reicht nicht, für Schlagzeilen im Ausland zu sorgen, wenn zu Hause die Hütte brennt. Solches Denken ist typisch für die globalistische Elite.

Und es reicht auch nicht, das Rentensystem als persönliches Finanzprojekt zu sehen. Es ist Teil des Generationenvertrags. Wer die Familie, Fundament dieses Vertrags, ständig mißachtet, der darf sich über Mißtrauen nicht wundern.