© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

Passend gemacht
Integrationsbericht: Die Bundesregierung zeigt in Sachen Bildung und Beschäftigung von Zuwanderern ein geschöntes Bild
Dirk Pelster

Deutschland kann Integration“ –  derTitel des aktuellen Lageberichts der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zum Stand der gesellschaftlichen Eingliederung von Personen mit Migrationshintergrund ist Programm. Neben allerlei zeitgeistigen Themen wie dem interreligiösen Dialog oder der angeblich anhaltenden Diskriminierung von Schwarzen in der Bundesrepublik befaßte sich der von der CDU-Politikerin Annette Widmann-Mauz vorgelegte Report auch mit der Bildungssituation von Einwanderern und ihren Chancen am Arbeitsmarkt.

Während bei der Kinderbetreuung sowie der Schulbildung zahlreiche Handlungsbedarfe benannt werden, die sich unter anderem in einer steigenden Anzahl von ausländischen Jugendlichen ausdrücken, die ihre Schullaufbahn ohne einen Abschluß beenden, sieht der Bericht bei der Eingliederung von Migranten am Arbeitsmarkt erkennbare Fortschritte. Tatsächlich weist der Datenreport an verschiedenen Stellen recht solide wirkende Zahlen auf, wenn man sich dabei die denkbar ungünstigen Rahmenbedingungen insbesondere der massiven Einwanderung von Asylbewerbern aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Afrika seit 2015 vergegenwärtigt. 

Gleich zu Beginn des entsprechenden Kapitels wartet der Bericht etwa mit der Feststellung auf, daß 78 Prozent der in Deutschland lebenden Familien mit Migrationshintergrund ihren Unterhalt aus eigenen Einkommensquellen bestreiten wollen, wohingegen nur rund 15 Prozent von ihnen Sozialleistungen erhalten würden. Bei der einheimischen deutschen Bevölkerung soll der Anteil der aus Eigenmitteln lebenden Menschen bei 89 Prozent und der der Sozialleistungsempfänger bei sechs Prozent liegen. Die Zahlen stammen aus dem vom Statistischen Bundesamt erhobenen Mikrozensus für das Jahr 2017. Dieses Verfahren ist nicht unumstritten und war bereits Gegenstand von Verfassungsgerichtsentscheidungen. Die erhobenen Daten beruhen ausschließlich auf nicht weiter überprüften Selbstangaben von Befragten, die über eine Zufallsstichprobe ausgewählt wurden. Die Validität von solchen Eigenauskünften kann durchaus kritisch betrachtet werden. Bei ähnlichen Erhebungen in der Vergangenheit zeigte sich darüber hinaus auch, daß es gerade bei der Befragung von Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen aufgrund der Sprachbarrieren vermehrt zu statistisch relevanten Verzerrungen gekommen ist. Die Zweifel an den Angaben des Reports werden bestärkt, wenn man sie mit Daten anderer Behörden vergleicht. Nach Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit hatte bereits im Jahr 2017 fast jeder zweite Arbeitslose einen Migrationshintergrund.

Dort, wo der aktuelle Integrationsbericht mit soliden Zahlen aufwartet, läßt sich erkennen, daß die positiven Entwicklungen bei der Eingliederung von Zugewanderten am Arbeitsmarkt überwiegend auf Personen zurückgehen, die aus EU-Staaten stammen. Die Beschäftigungsquote von Arbeitnehmern aus anderen Ländern der Union weicht von denen einheimischer Erwerbspersonen nur geringfügig ab. 

Kaum Fortschritte bei      Bewältigung der Krise

Während der Report selbst die notwendige Unterscheidung zwischen Zuwanderern aus der EU und aus Drittstaaten größtenteils noch durchhält, werden in der für die Medien bereitgestellten sechsseitigen Kurzversion des Berichts beide Migrantengruppen undifferenziert über einen Leisten geschlagen. Verschleiert wird mit den hier von der Presseberichterstattung dankbar aufgegriffenen Zahlen, daß bei der Bewältigung der seit 2015 anhaltenden Migrationskrise kaum Fortschritte gemacht wurden. So hebt die Kurzversion beispielsweise als Erfolg hervor, daß bereits 357.000 Menschen aus einem dieser Hauptherkunftsländer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eingemündet seien. 

Doch die hier präsentierten Daten geben einen falschen Eindruck wieder, denn zum einen machen Migranten aus den acht bedeutendsten Auswanderungsländern nur etwas über 60 Prozent sämtlicher Asylbewerber aus und zum zweiten werden in diese Statistik alle Erwerbspersonen mit eingerechnet, die über deren Staatsangehörigkeit verfügen, so daß auch solche Ausländer als Fall einer gelungenen Flüchtlingsintegration ausgewiesen werden, die bereits vor Jahrzehnten eingewandert oder hier sogar geboren worden sind. Legt man die Kurzversion beiseite und schlägt im eigentlichen Bericht nach, ergibt sich ein anderes Bild. So erhielten allein im Jahr 2018 über 1,2 Millionen Erwerbspersonen Leistungen von deutschen Jobcentern, die aus einem der Asylhauptherkunftsländer stammen oder die im Kontext der sogenannten Fluchtmigration nach Deutschland eingewandert sind.