© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/19 / 13. Dezember 2019

EuGH erlaubt deutschen Balsamico-Essig
Schmackhafte Profite
Markus Brandstetter

Die Italiener haben schon vor einiger Zeit gemerkt, daß sich mit der Bekanntheit ihrer Lebensmittel viel Geld verdienen läßt – und zwar weniger mit hoher Qualität als mit dem Schutz von Herkunftsbezeichnungen. Vieles, was wir essen, stammt aus Italien und ist weltberühmt. Pizza, Spaghetti, Mozzarella oder auch Parmaschinken und Parmesan fallen einem sofort ein.

Die Herkunft einer Ware, die traditionell aus einer bestimmten Region kommt, wird in einer EU-Verordnung als einzigartiger Ursprungsort für dieses Produkt festgelegt. Beim Parmesan bedeutet dies, daß dieser Hartkäse ausschließlich in den Provinzen Parma, Reggio Emilia, Modena und Bologna hergestellt werden darf. Irische, dänische oder deutsche Molkereien dürfen zwar parmesanartigen Käse machen, ihn aber nicht „Parmesan“ nennen, was Marktchancen und Gewinne erheblich vermindert. Für die Produzenten, die eine Art Kartell bilden, ist das eine feine Sache, weil sie über einen geschützten Markt gebieten, der Extraprofite auf Kosten des Verbrauchers ermöglicht.

Versucht irgendwo auf der Welt ein Hersteller, italienische Lebensmittel nachzumachen, dann überziehen ihn italienische Anwälte sofort mit Unterlassungsklagen. Obwohl die EU-Oberen seit Jahr und Tag die Freiheit der Märkte beschwören, haben Lebensmittelproduzenten mit ihren Klagen meist Erfolg. Insgesamt 222 Produkte, vom Aceto Balsamico di Modena bis zum Panforte, einer steinharten Nußtorte aus Siena, haben die Italiener sich schützen lassen.

Auch einem deutschen Hersteller von Aceto Balsamico, einem dunklen Traubenessig, sollte nun vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verboten werden, deutschen Balsamico zu vertreiben. Aber dieses Mal ging die Sache anders aus. Während die EU-Richter urteilten, daß „Aceto Balsamico di Modena“ tatsächlich aus Modena stammen müssen, kann Aceto Balsamico auch in Deutschland hergestellt werden. Das belebt den Wettbewerb.