© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/19 / 20. Dezember 2019

Geiz der Woche
Wasser predigen, Wein saufen
Christian Vollradt

Wie nennt die Linkspartei einen Arbeitgeber, der seinem Angestellten weniger Gehalt zahlt, als diesem laut Gesetz zusteht? Ausbeuter. Und wie nennt die Linksfraktion im Bundestag so jemanden? Kollege. Jüngst erhielt nämlich ein Linken-Abgeordneter von der Bundestagsverwaltung die Kopie des Arbeitsvertrages mit seinem Wissenschaftlichen Mitarbeiter zurück. Versehen mit dem Hinweis: „Die vereinbarte Vergütung … unterschreitet bei einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden den Gehaltsrahmen.“ Da die dort festgelegten Mindestbeträge seit der 15. Wahlperiode (2002 bis 2005) – der betreffende Abgeordnete zog für die Linke erstmals 2005 in den Bundestag ein – verbindlich sind, teilte ihm die Verwaltung in knappen Worten mit: „Ich habe deshalb Ihr Einverständnis voraussetzend die wöchentliche Stundenzahl auf 37,5 geändert.“ Der Gehaltsrahmen, den der Politiker mit dem Herzen für Kleine und Schwache nicht auszuschöpfen gedachte, beläuft sich auf derzeit 3.390 bis 8.522 Euro brutto im Monat. Vom Steuerzahler erhält ein Bundestagsabgeordneter im Gegenzug eine monatliche Mitarbeiterpauschale von aktuell 22.201 Euro. Je stärker ein Abgeordneter das Gehalt drückt, desto mehr Billiglöhner kann er für sich rabotten lassen. Frei nach Orwell: Alle Tiere sind gleich, aber besonders schweinisch benimmt sich sozialistisches Borstenvieh, wenn es am Futtertrog des Kapitalismus schmatzt.