© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/20 / 03. Januar 2020

Den Wahlkampf vergessen
USA: Mit ihrer Impeachment-Politik übertünchen die Demokraten Schwächen bei der Kandidatenkür
Liz Roth

Die Presse auf beiden Seiten des Atlantiks kennt nur ein Thema: das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump. Neue Schlagzeilen über seine Vergehen werden scheinbar im Minutentakt veröffentlicht – „Trumps Verschwörungstheorien offiziell widerlegt“ (Süddeutsche Zeitung), „Trumps Impeachment ist der Anfang vom Ende“ (Washington Post). 

Für die Demokraten ist klar: „Trump hat die Nation betrogen.“ Ihre Anklage lautet Amtsmißbrauch und Behinderung des Kongresses. Er soll die Ukraine unter Druck gesetzt haben, die Aktivitäten seines politischen Rivalen Joe Biden im Land zu untersuchen, dessen Sohn die politische Position seines Vaters genutzt haben soll, um in der Ukraine Geschäfte zu machen. Trump soll als Druckmittel militärische Hilfe, die das Land benötigt, um Rußland zu kontern, zurückgehalten haben. Außerdem soll er aktiv die Untersuchung seines Verhaltens blockiert haben.

Der Haß auf Trump kennt keine Grenzen

Tatsächlich haben die Anhörungen der vergangenen Wochen keinen der Punkte bestätigt. Die meisten Aussagen basierten auf Hörensagen und Spekulationen. Zudem erlaubten die Demokraten keine Zeugen auf seiten der Republikaner und luden nur vorher sorgfältig ausgesuchte Personen zur Aussage ein. „Was die Anhörungen uns gezeigt haben, ist, daß die Demokraten ziellos und nur von einer Sache getrie-ben sind: Haß. Wir sehen puren Haß. Sie hassen den Mann und die, die ihn gewählt haben“, faßte der konservative Politikkommentator Rush Limbaugh zusammen. 

In einem Brief an Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, bezeichnete Trump das Verfahren gegen ihn als „einen offenen Krieg gegen die amerikanische Demokratie“, der aus parteipolitischem Kalkül begonnen wurde, weil die Demokraten es bis heute nicht überwunden hätten, daß er so unerwartet die Wahl 2016 gewonnen hatte. „Sie sind diejenigen, die die Justiz behindern. Sie sind diejenigen, die unserem Land Schmerz und Leid zufügen, um sich selbstsüchtig einen persönlichen, politischen und parteiischen Vorteil zu verschaffen“, konterte Trump.

Die Impeachment-Abstimmung im Repräsentantenhaus konnte nur knapp durchgeboxt werden, da die Demokraten zur Zeit die Mehrheit im Haus haben. Alle Republikaner und einige wenige Demokraten stimmten gegen das Gerichtsverfahren. Im Januar geht es in die nächste Runde, die sich über Monate hinziehen kann. Für den Mehrheitsführer des Senats, Mitch McConnell ist klar: „Trump wird nicht des Amtes entlassen. Das Ganze ist eine Farce.“ 

Dieses tägliche Spektakel überschattet seit Monaten den Wahlkampf der Demokraten, denn sie sollten eigentlich auf der Suche nach einem ebenbürtigen Herausforderer sein. Knapp elf Monate vor dem Stichtag ist das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur in einer entscheidenden Phase, denn das Feld hat sich mittlerweile um fast die Hälfte verkleinert. Rund fünfzehn Kandidaten sind noch übrig, aber laut Umfrage der New York Times haben sich bereits vier klare Spitzenkandidaten herauskristallisiert, die Mitte Juli die Nominierung der Demokraten bekommen könnten:

Mit 27 Prozent führt Joe Biden in den Befragungen. Der Vizepräsident unter Obama genießt durchaus Vertrauen im Volk und würde Obamas nationale und internationale politische Strategie weiterführen. Biden gilt als moderat, ein Establishment-Demokrat à la Bill Clinton, der immer wieder über die Gefahren spricht, „wenn die Partei zu weit nach links rutscht“. Allerdings bezweifeln die Wähler, ob der 77jährige genug Energie hat, um sich mit Trump anzulegen.

Kopf an Kopf hinter ihm liegen der demokratische Sozialist Bernie Sanders und Senatorin Elizabeth Warren aus Massachusetts mit jeweils 17 und 16 Prozent Zustimmung. Beide gehören zum linken, autoritären Flügel der Partei, der das Land nach sozialistischem Leitbild transformieren will: Regulierung der Wirtschaft, Milliar-denausgaben für den Klimawandel, Verstaatlichung des Gesundheitssystems und eine Reichensteuer gehören zu den Prioritäten in ihren Wahlprogrammen. 

Trumps „America First“- Politik kommt an 

Parallel dazu polarisiert das Bestreben beider, illegale Einwanderung zu entkriminalisieren. Das Büro von Bernie Sanders gab vor einigen Monaten bekannt, daß seiner Auffassung nach der unerlaubte Aufenthalt im Land lediglich „ein Delikt und keine Straftat“ sei  und in einer Sanders-Regierung nicht mehr strafrechtlich verfolgt würde. Warren stimmt ihm zu und fordert sogar, daß das ICE (United States Immigration and Customs Enforcement), die Polizei- und Zollbehörde des Ministeriums für Innere Sicherheit, abgeschafft wird, um durch ein „faireres System“ ersetzt zu werden.   

Pete Buttigieg, der Bürgermeister der Stadt South Bend im Bundesstaat Indiana, ist mit zehn Prozent an vierter Stelle. Genau wie Biden schlägt er einen gemäßigteren Kurs ein. Auch nach über sechs Monaten Wahlkampf fällt es „Mayor Pete“ dennoch schwer, be-sonders herauszustechen, und fällt eher durch die Tatsache auf, daß er mit einem Mann verheiratet ist und wie schwierig das in Amerika doch sei. 

In den bisherigen Debatten wurde eins deutlich. Das größte Problem der Partei ist, einen gemeinsamen Kurs zu finden, der die Mehrheit der Bevölkerung anspricht. Die Fronten sind verhärtet, da ein Großteil nicht bereit ist, die Partei weiter nach links abdriften zu lassen. Dieser Konflikt führte dazu, daß Michael Bloomberg, Multimilliardär und Ex-Bürgermeister von New York City, sich doch entschloß, ins Rennen zu gehen. „Ich bin der einzige, der weiß, wie Trump zu schlagen ist, da ich es in der Vergangenheit schon öfter getan habe“, erklärte er zum Auftakt seiner Kampagne in Virginia. Momentan liegt er bei vier Prozent in den Umfragen. Das Problem des schwerreichen Unternehmers und Ex-Republikaners: er ist bei der Basis nicht besonders beliebt.

Tatsächlich gibt es zu diesem Zeitpunkt nur einen Punkt, in dem sich alle einig sind: Trump ist ein „Alptraum“, brandgefährlich für das Land, und darf unter keinen Umständen wiedergewählt werden. Die meiste Zeit wird gefühlt dem amtierenden Präsidenten im Wahlkampf gewidmet.

Laut Umfrage des Gallup-Instituts genießt der Präsident fast 50 Prozent Zustimmung unter den Bürgern und hat angeblich sogar 95 Prozent Rückhalt in der eigenen Partei. Die höchsten Steuersenkungen in der Geschichte, mehr verfügbares Einkommen, weniger Regulierungen für Unternehmen, ein Rekordtief der Arbeitslosigkeit mit 266.000 neuen Stellen alleine im November, ein Dow Jones, der täglich neue Höhen erreicht und ein Commander-in-Chief, der mit ganzem Herzen das Militär und die Veteranen unterstützt. Auch seine harte Linie in bezug auf illegale Einwanderung und auf China sowie seine Kritik an der Nato sind nicht so unpopulär, wie manche  Medien behaupten. Trumps „America First“-Politik gefällt dem Amerikaner, besonders jenseits der Metropolen an der Ost- und Westküste.