© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/20 / 10. Januar 2020

Aufgeschnappt
Klimaveränderungen
Matthias Bäkermann

Zum 71. Mal konnte das Bremer Schneiderlein am Dreikönigstag nur „Geiht“ sagen – die Weser fließt. So mußte er abermals mit seinem heißen Bügeleisen im Boot übergesetzt werden. Letztmalig 1947 war es, daß es hieß, der Fluß „steiht“, also daß er zugefroren war und das nur 99 Pfund schwere Kerlchen die Weser zu Fuß überqueren konnte. Die traditionsreiche Bremer „Eiswette“ gibt es seit 1829, und dem Klamauk am Weserdeich folgt später immer ein Bankett, zu dem die hansestädtische Kaufmannschaft nur Herren einlädt.  

„Selbst der Papst würde nicht eingeladen, wenn er eine Frau wäre“, tönte noch 2019 Eiswett-Präsident Patrick Wendisch. Doch die Quote auf diese Ankündigung sollte schlechter stehen als jede Eiswette. So reagierte die rot-grüne Bürgerschaftskoalition auf die Provokation der Herrenrunde gereizt mit einem offiziellen Beschluß, der alle Landesrepräsentanten aufforderte, dem Bankett fernzubleiben. So gab im Herbst der Eiswett-Verein dem Boykott nach: Wie der Weser-Kurier Montag meldete, werden am 18. Januar nun erstmals dreißig Frauen unter den 800 Teilnehmern Kohl und Pinkel genießen können. Als kleine Retourkutsche brach der Eiswett-Verein dafür mit einer anderen Tradition: Erstmals wurden Bremens Bürgermeister und sein Kabinett nicht eingeladen.