© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/20 / 10. Januar 2020

Ländersache: Bayern
Ein bißchen Freund und Helfer
Christian Schreiber

In etwa 160 bayerischen Gemeinden gibt es sie bereits: die Sicherheitswacht. Und geht es nach der Staatsregierung, sollen es noch mehr werden. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht in den ehrenamtlichen Ordnungshütern ein etabliertes Hilfsmittel, umstritten ist es dennoch. Derzeit sind rund 1.100 Freiwillige bei der Sicherheitswacht aktiv, in diesem Jahr soll auf 1.500 Stellen aufgestockt werden. 

Der Einsatz unter dem Motto „Bürger schützen Bürger“ sei in den vergangenen 25 Jahren zu einem Erfolgsmodell geworden. Die Sicherheitswacht ist an die örtliche Polizeidienststelle angedockt, die entscheidet, wer wann und wo eingesetzt wird. Durch die Präsenz der Sicherheitswacht soll unter anderem Straßenkriminalität, Ladendiebstahl und Vandalismus entgegengewirkt werden. Im Falle einer Straftat rufen die Ehrenamtlichen per Funk die Polizei, können Personen, die sie auf frischer Tat ertappen, festhalten und dienen als Zeugen. Ihre blauen Uniformen sehen denen der Polizisten verblüffend ähnlich. Bewerben kann sich jeder Bürger zwischen 18 und 62 Jahren mit abgeschlossener Schul- oder Berufsschulausbildung. Die örtliche Polizei wählt dann aus, wer geeignet ist, und bildet den- oder diejenige 40 Stunden lang aus. Die Sicherheitswacht ist dabei eine kommunale Angelegenheit. 

Im fränkischen Rothenburg ob der Tauber und in Dinkelsbühl wurde im vergangenen Jahr eine Sicherheitswacht eingeführt. In Garmisch-Partenkirchen, Murnau und im unterfränkischen Lohr sprachen sich die Gemeinderäte gegen eine Einführung aus. Denn es gibt auch Kritik. „Aus polizeilicher Sicht ist die Sicherheitswacht ein Placebo“, faßt die Deutsche Polizeigewerkschaft im Freistaat das Stimmungsbild zusammen. Ausbildung und Einsatzorganisation der Sicherheitswachtler seien für die Polizisten vor Ort eine zusätzliche Belastung, der meßbare Ertrag sei dagegen minimal. „Im Verhältnis zum Aufwand ist das eine Nullnummer“, heißt es. Und die Gewerkschaft warnt vor der Gefahr von Übergriffen auf die Ehrenamtlichen in einer Zeit, in der selbst Feuerwehrleute und Rettungskräfte vermehrt Gewalt ausgesetzt seien. 

Die Opposition im bayerischen Landtag spricht ebenfalls von „Scheinsicherheit“, die die Polizeihelfer böten. Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze forderte gar die Abschaffung der Sicherheitswacht. „Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit darf nicht die Sache von Amateuren sein.“ Hoheitliche Aufgaben teilweise zu verlagern ist aus ihrer Sicht mehr als problematisch. Zum einen bereitet die kurze Ausbildung die Frauen und Männer nicht genügend auf heikle Situationen vor – und mit diesen müsse man umgehen können, wenn man Uniform trage. Zum anderen werde den Bürgern eine trügerische Sicherheit vermittelt. Eine wirkliche Abwehr von Gefahren könne aufgrund fehlender Befugnisse und Ausstattung nicht erwartet werden.

Minister Herrmann hält das für taktisch motivierte Miesmacherei: „Die Sicherheitswacht ist ein wichtiger Partner der Polizei“, meint er und kündigte an, ihre „zusätzlichen Augen und Ohren im Dienste der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ (so die Eigenwerbung) stärken zu wollen. Um das Ehrenamt attraktiver zu machen, soll das Höchstalter von derzeit 65 auf 67 Jahre angehoben werden.