© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/20 / 10. Januar 2020

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Zisch, bumm, peng
Paul Rosen

Kreuth als CSU-Treffpunkt ist längst Geschichte. Aber die Angewohnheit der Christsozialen, auch nach Silvester noch ein paar Böllerschüsse Richtung Hauptstadt abzufeuern, ist auch in ihrem neuen Tagungsort Seeon geblieben. Im ehemaligen Kloster treffen sich zu Beginn jedes Jahres die Bundestagsabgeordneten der CSU zu einer Klausurtagung. 

Solche Zusammenkünfte von Politikern sind nichts Ungewöhnliches; den legendären Ruf ihrer Dreikönigs-Klausur begründete die CSU 1976 mit dem Beschluß, die seit 1949 bestehende Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag zu beenden. Der Beschluß wurde nach kurzer Zeit aufgehoben, der Ruf von Kreuth hielt Jahrzehnte.

In Seeon ist der Pulverdampf nicht mehr so stark. Die bundespolitische Bedeutung der CSU ist seit langem rückläufig. Die Rolle eines Gegengewichts von rechts hat die AfD übernommen. Für einige Aufregung sorgte dennoch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der eine Kabinettsumbildung in Berlin zur Halbzeit der Legislaturperiode anmahnte: „Wir müssen uns auch für 2021 neu aufstellen. Was die Regierung ist, ist auch die Zukunftsmannschaft danach.“ Ähnlich äußerte sich der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Wenn man den Willen hat, bis 2021 gemeinsam zu arbeiten, dann muß man auch bereit sein, immer mal wieder etwas zu erneuern“, empfahl Dobrindt der Bundeskanzlerin, die sich allerdings ebensowenig äußern wollte wie auch die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.

Von Angela Merkel weiß man allerdings, daß sie kein Freund größerer Kabinettsumbildungen ist, sondern nur im Bedarfsfall einzelne Regierungsmitglieder auswechselt. Dies geschieht im Regelfall so, daß die Partei eines ausscheidenden Regierungsmitglieds einen Nachfolger nominiert und Merkel den Vorschlag an den Bundespräsidenten weiterreicht. Angeblich richtet sich der Vorstoß von Söder gegen Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Bildungsministerin Anja Karliczek (beide CDU). Beide sind nicht gerade Zugpferde des Kabinetts. Aber das kann man von den meisten anderen Regierungsmitgliedern auch nicht behaupten. Und erst recht nicht von den Ministern der CSU. Da wäre etwa Verkehrsminister Andreas Scheuer, der als Generalsekretär der CSU einen guten Job machte, aber als Minister mit einer seltsamen Treffsicherheit jedes Fettnäpfchen findet. Mit 45 Jahren gehört Scheuer aber zu den Jüngeren im Kabinett, dessen Durchschnittsalter 51 Jahre beträgt.

Erheblich älter als Scheuer ist Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (64), der aus Gründen des CSU-Regionalproporzes als Schwabe ins Kabinett einrückte. Und wenn Söder einen Posten für hoffnungsvollen Parteinachwuchs sucht, dann sollte er den Kabinetts-Methusalem Horst Seehofer (70) nicht vergessen und Merkel dessen Entlassung empfehlen. Seehofer nahm die Attacken aus Seeon übrigens mit seinem bekannten Spott auf: „In meinem Alter müssen sie täglich nach dem Aufstehen prüfen, ob Sie noch im Amt sind.“