© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/20 / 10. Januar 2020

Torpedorohr mit Zeitgeist geflutet
ZDF strahlt „Das Boot“ aus: Die Serie ist gut gemacht und erscheint mit neuer Handlung, erreicht den Klassiker aber nicht
Boris T. Kaiser

Die Ausstrahlung vergangenes Wochenende im ZDF war eine sogenannte „Free-TV-Premiere“. Produziert wurde „Das Boot“ ursprünglich von und für den Bezahlsender Sky. Das merkt man. Handwerklich ist die deutsche Serie auf dem neuesten internationalen Stand. Bild, Ton, Dramaturgie erinnern stark an aktuell erfolgreiche US-Serien. Die Einflüsse der New Yorker Produktionsfirma Sonar Entertainment, die die Reihe zusammen mit Bavaria Film und Sky Deutschland produzierte, sind deutlich spürbar. Der rustikale Charme des Originals von 1981 geht dabei allerdings verloren. Auch wenn sich die Macher alle Mühe gaben, mit viel Schweiß und Schmieröl an die rauhe Atmosphäre anzuknüpfen, wirkt in der modernen Variante alles etwas zu sauber, zu glatt – und oft zu zeitgeistig. 

Dem soliden Gesamteindruck tut das keinen Abbruch. Wirklich stören kann sich an den fehlenden Ecken und Kanten sowieso nur, wer das ungeschliffene Original nach der Romanvorlage von Lothar-Günther Buchheim noch kennt. Der Fernsehgenuß dürfte daher bei jüngeren Zuschauern um einiges höher sein als bei älteren. Eine Tatsache, über die man sich in den ZDF-Chef­etagen durchaus freuen dürfte. 

Ähnliches gilt für die neue Besetzung. U612-Kommandant Klaus Hoffmann wird ohne typischen „Kaleu“-Bart, aber souverän von „Tatort“-Schauspieler Rick Okon gespielt. Vicky Krieps verkörpert Simone Strasser, die Schwester von Funker Frank (Leonard Scheicher) und verleiht der Erzählung eine neue weibliche Perspektive. Mit Tom Wlaschiha („Game of Thrones“) konnten die Macher sogar einen waschechten deutschen Weltstar ins Boot holen. Wirkliche Charakterköpfe wie Jürgen Prochnow oder der kürzlich verstorbene Jan Fedder fehlen jedoch. 

Die Handlung setzt ein Jahr nach den Ereignissen in Wolfgang Petersens Film „Das Boot“ im Herbst 1942 ein und spielt auf hoher See sowie an Land im besetzten Frankreich. Es geht um die Résistance, die Gestapo, (lesbische)Frauen, Verrat und Moral. All das hat mit dem Klassiker von einst nur noch wenig gemein. Wer die neue Serie aber als eigenständiges Werk begreift, könnte durchaus Gefallen an ihr finden.

„Das Boot“, achtteilige Serie: Alle Folgen sind in der ZDF-Mediathek abrufbar.