© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/20 / 17. Januar 2020

Politbotschaften auf Kosten der Steuerzahler
Braucht der Glaube Freiheit?
Martin Lohmann

Nirgendwo sonst ist die Kirche so automatisch reich wie in Deutschland. Das Kirchensteuersystem macht’s möglich. Und die durch Konkordate mit dem Staat geschaffene zusätzliche gut dotierte Besoldung von Bischöfen und Domherren durch den Finanzminister, also alle Steuerzahler, ebenfalls. Den ansonsten allenthalben reklamierten Reformbedarf in der Kirche will man hier nicht erkennen. Vor allem die unmittelbar Abhängigen scheuen sich vor Erkenntniszuwachs. Dabei wächst das Unverständnis für diese Alimentierung auch unter Christen. Es ist für viele absurd, daß man bei Nicht-Zahlung mit dem Ausschluß aus der sakramentalen Heilsgemeinschaft „bestraft“ wird.

Doch die Debatte über eine notwendige Reform wird kommen. Sie wird befeuert durch zweifelhafte Politbotschaften anstelle von unabhängiger Glaubensverkündigung. Kein Wunder, daß die erneute Spende von 50.000 Euro des Kardinals Reinhard Marx an umstrittene Seenotretter aus kirchlichen Geldmitteln die Frage befördert: Braucht der Glaube nicht bald echte Freiheit? Noch sprudeln trotz steigender Austrittszahlen die Geldmittel kräftig. Es ist erste Pflicht von Bischöfen, die Frohe Botschaft mutig, frei und wahrhaftig zu verkünden, wozu ohne Zweifel die konkrete Hilfe für Menschen in Not gehört. Aber es ist nicht gut, wenn Bischöfe – gut gemeint oder naiv – Schlepperbanden in die Hände spielen. Gesinnungspolitische Korrektheit ist keine christliche Tugend.