© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/20 / 17. Januar 2020

„Der einzige Weg zur Lösung der Krise“
Ist der Klimawandel menschengemacht – der Klimaschutz aber dennoch auf einem ideologischen Irrweg und zum Scheitern verurteilt? Davor warnt Günter Beckmann, der sich für die Industrie mit dem Problem beschäftigt hat. Die wahren Gefahren würden beschwiegen
Moritz Schwarz

Herr Dr. Beckmann, Sie warnen vor dem menschengemachten Klimawandel?

Günter Beckmann: Ja, unbedingt – aber auch vor dem Weltklimarat IPCC und Leuten wie Greta Thunberg.

Warum, wenn Sie einer Meinung sind?

Beckmann: Weil diese aus der richtigen Analyse die falschen Schlüsse ziehen. 

Inwiefern?

Beckmann: Die Idee, die Industrialisierung sei Ursache der Klimakrise ist ein fataler Irrtum. Und einen solchen können wir uns ob der dramatischen Konsequenzen der Klimakrise nicht leisten! 

Daß Industrialisierung zu mehr Kohlendioxid (CO2) in der Luft führt, bestreiten allerdings nicht einmal die Klimaskeptiker.   

Beckmann: Ja, und doch sitzen sie dem gleichen Irrtum auf wie ihre Gegner, die Klimaschützer.

Also, Sie alleine gegen alle?

Beckmann: Natürlich verursacht Industrie Emissionen, das bestreite ich nicht – nur ist das nicht ausschlaggebend. Denn die Klimakrise hat ihre Ursache nicht darin, sondern in der Überbevölkerung: Immer mehr Menschen bedeuten auch immer mehr CO2! 

Aber ist das nicht das gleiche – nur eine andere Art, das Problem auszudrücken? 

Beckmann: Im Gegenteil, es bedeutet: Endlich das wahre Problem zu benennen, statt es, wie Greta und Co. zu verkennen! 

Also: Die steigende Zahl von Menschen wird wegen unseres industrialisierten Lebensstils zum Problem. Was ist daran neu? 

Beckmann: Halt! Das ist ja eben nicht das, was ich sage! Das ist die übliche, falsche Beschreibung, die wir ständig zu hören bekommen. Richtig ist genau das Gegenteil: Die steigende Zahl von Menschen wird zum Problem – nicht „wegen“, sondern „trotz“ unseres industrialisierten Lebensstils!  

Wie kommen Sie darauf? 

Beckmann: Abgesehen davon, daß wir ohne Industrialisierung bei fast acht Milliarden Menschen auf der Welt längst die furchtbaren Verhältnisse hätten, die uns für die Klimakatastrophe vorausgesagt werden, wie Wasser- und Versorgungsmangel, Hunger, Not, ungebremste Epidemien, Verteilungskämpfe, Kriege, gekippte Gesellschaften – ist diese auch für unser Klima ein Segen und kein Fluch! Denn es ist der Mensch, der CO2 produziert: Atmen, Verdauen, Kochen, Heizen, Energieerzeugung – fast alles was wir tun verursacht Kohlendioxid – sowie, ganz wichtig, zerstört den Grünwuchs, der das CO2 aus der Luft wieder zurückholt. Dieser Faktor, die Remission, ist für die CO2-Konzentration in unserer Luft übrigens genauso wichtig wie die Emission, wird aber im Gegensatz zu dieser in der Debatte kaum beachtet – ein großer Fehler! 

Aber wieso widerspricht das der Annahme, die Industrialisierung sei das Problem? 

Beckmann: Daß es zwischen Bevölkerungs- und CO2-Zunahme in der Geschichte eine Korrelation gibt, kann man an den Daten ablesen, beide Kurven steigen zusammen – und das bereits lange vor der Industrialisierung. Nur gab es vor dieser viel weniger Menschen. Daß das CO2 seit ihrem Beginn stark angewachsen ist, liegt aber nicht an ihr selbst – auch wenn man das auf den ersten Blick glauben mag –, sondern daran, daß seitdem viel mehr Menschen leben. 

Aber, keine Industrialisierung würde doch auch viel weniger Menschen bedeuten, da man die dann nicht versorgen könnte. Also liegt es doch an ihr.   

Beckmann: Nein, nicht ursächlich. Zum Beweis ein Gedankenexperiment: Würden wenige Menschen in einer industrialisierten Welt zu einem CO2-Problem führen? Nein! Würden viele Menschen in einer vorindustrialisierten Welt zu einem CO2-Problem führen? Ja! Und würden wir in eine vorindustrielle Welt zurückkehren, würde unser CO2-Ausstoß nicht sinken – er würde steigen! 

Warum?

Beckmann: Weil Industrialisierung eine enorme Erhöhung des Wirkungsgrads bedeutet: Heißt, dank ihr können wir viel mehr Energie bei viel weniger CO2-Ausstoß erzeugen. Wenn Sie etwa die Transportleistung eines LKW durch Pferde ersetzen, brauchen Sie so viele, daß das den CO2-Haushalt deutlich mehr belastet, als ein Motor. Das gleiche, wenn man eine Stadt mit Kaminfeuern, statt mit einem Kraftwerk heizt oder eine Fabrik mit Energie versorgt.  

Sie meinen, es ist wie beim CO2 selbst, das ein Image als „Klimakiller“ hat, obwohl es eigentlich ein Lebensspender ist?

Beckmann: Ja, das stimmt. 

Aber könnten wir nicht dennoch, rein praktisch, die Klimakrise durch Reduzierung der Industrialisierung bekämpfen? 

Beckmann: Nein, eben das versuche ich Ihnen ja klarzumachen! Außer Sie wären bereit, Milliarden Menschen umzubringen und den Rest völlig verarmen zu lassen, indem sie die Welt auf das tatsächliche Leistungsniveau des Mittelalters bringen. Da aber alle Menschen zu Recht gesichert leben wollen, würde die Wiedereinführung vorindustrieller Methoden in dem dafür nötigen Ausmaß zu einem massiven Anstieg unseres CO2 führen. Was Sie aber wohl eigentlich mit Ihrer Frage meinen, ist gar nicht „reduzieren“, sondern „intensivieren“. Denn nur wenn wir den Wirkungsgrad unserer Technologien erhöhen, also die Industrialisierung weiter vorantreiben, könnten wir weniger CO2 produzieren.

Genau das meinte ich. 

Beckmann: Gesagt haben Sie aber das Gegenteil. Und diese Verwirrung ist Folge dessen, daß in der Debatte Industrialisierung ständig verteufelt, die eigentliche Ursache des Problems, die Überbevölkerung, aber beschwiegen wird. 

Warum ist das so? 

Beckmann: Das frage ich mich auch!

Könnte dies ein Indikator dafür sein, daß es in der Debatte in Wirklichkeit nicht um Lösungen, sondern um Ideologie geht? 

Beckmann: Also das ist ja offensichtlich der Fall! Es verwundert mich allerdings nicht, da die Grünen nicht nur eine ökologische, sondern auch eine eher linke Partei sind. Etliche Ökologen der Gründungszeit der Grünen haben diese entweder wieder verlassen oder, so habe ich mitunter den Eindruck, werden von den Parteilinken an den Rand gedrängt. 

Oder liegt es daran, daß die Linke sich bei Industrie- und Kapitalismuskritik Heimvorteil verspricht, beim Thema Überbevölkerung diesen aber für die Rechte fürchtet? 

Beckmann: Mag sein, aber da kann ich auch nur spekulieren. Denn das war nie mein Wissenschaftsthema.

Sie sind gar kein Wissenschaftler – inwiefern sind Sie also überhaupt kompetent?

Beckmann: Stimmt, ich war als Maschinenbauingenieur für eine Firma, die zum Energiekonzern VEBA gehörte, tätig. Allerdings wurde ich um 1978 beauftragt, mich mit möglichen Gefahren der Zukunft zu beschäftigen, denen ja auch unsere Firma gegenüberstehen würde. Mit Wissenschaftlern der Universitäten Aachen und Essen bildeten wir eine Arbeitsgruppe, die etwa 25 Jahre lang in diesem Sinne tätig war. 

Als Industrievertreter waren Sie aber doch wohl kaum objektiv. 

Beckmann: Doch, wenn nicht hätte ich den Auftrag, das Erkennen objektiver Gefahren, nicht erfüllen können. Etwas anderes ist, was dann mit diesen Erkenntnissen gemacht wurde.     

Nämlich? 

Beckmann: Etwa lieferte uns die Klimakrise ein gutes Argument für die schwer umstrittene Atomindustrie.

Also haben jene, die die Klimakrise für eine Kreation der Atomlobby halten, recht? 

Beckmann: Nein. Wir haben die Klimakrise ja nicht erfunden! Leider konnten wir sie aber nicht so nutzen, wie wir gehofft hatten. Denn trotzdem ist die Atomindustrie hierzulande gescheitert. 

Sie veröffentlichten mehrere Aufsätze zum Klimawandel in der Schriftenreihe „Essener Unikate. Berichte aus Forschung und Lehre“ der Universität Essen, 1994 etwa: „Die Antwort der Evolution“. Was hat die mit dem Problem zu tun?

Beckmann: Den Beitrag verfaßte ich  gemeinsam mit meinem Kollegen, dem promovierten Chemiker Burkhard Klopries. Wir erarbeiteten darin, daß Klimawandel stets eine steuernde Wirkung auf die Evolution ausgeübt hat.

Im Klartext?

Beckmann: Die Luftzusammensetzung bestimmte mit, welche Arten ausstarben und aussterben und welche erfolgreich sind. Sie hat die Evolution also vermutlich ganz erheblich beeinflußt! 

Sie wollen sagen, der Mensch könnte durch die Klimakrise ausgelöscht werden, wie manche bei „Fridays for Future“ fürchten? 

Beckmann: Nein, die Angst, die Erde wird durch die Erwärmung bis 2100 für uns unbewohnbar werden, ist völliger Unsinn. Anders als andere Arten, die deshalb wohl tatsächlich aussterben werden, hat unser Organismus damit kein grundlegendes Problem.

Also Entwarnung? 

Beckmann: Ganz im Gegenteil, es ist nicht unwahrscheinlich, daß dennoch ganz erhebliche Gefahren auf uns zukommen! Nur – und auch darüber wird seltsamerweise, wie über die Weltbevölkerungsproblematik, praktisch nicht diskutiert, was ich ebenfalls für sehr gefährlich halte –, keineswegs nur durch wilde Wetterphänomene. Als vielleicht noch viel gefährlicher als diese könnten sich die biologischen Folgen der Veränderung der Luftzusammensetzung erweisen. 

Biologische Folgen? 

Beckmann: Ja, deshalb heißt unser Beitrag auch „Die Antwort der Evolution“. Vermutlich haben in der Evolution bereits bloße Veränderungen der Atmosphäre – wie sie auch die Änderung der CO2-Konzentration darstellt – biologischen Selektionsdruck auf manche Arten ausgelöst. Die Annahme beruht auf der Erforschung der Trilobiten, einem urzeitlichen Vorfahren der Insekten und Krebse. Während der 300 Millionen Jahre ihrer Existenz gab es nicht weniger als 10.000 Trilobitenarten. Diese enorme Anzahl und ihr gestaffeltes Auftreten legen den Schluß nahe, daß es für das Erscheinen einer neuen Art nicht nötig war, daß die vorherige ausstarb. Das meinte ich, als ich eben sagte, daß wohl bereits „Veränderungen der Atmosphäre“ ausreichten: Ohne daß diese für Trilobiten bereits giftig wurde, löste schon eine – für sie an sich noch verträgliche – Änderung ihrer Zusammensetzung einen Selektionsprozeß aus. Den nennen wir „Evolutionsunsymmetrie“ und er verläuft so: Die Atmosphärenzusammensetzung ändert sich. Kleinstlebewesen passen sich an. Und die neuen, mutierten, besser angepaßten unter ihnen verdrängen die alten Vertreter der Art. 

Was hat das alles mit uns zu tun? 

Beckmann: Die für unseren Organismus unerhebliche Veränderung der Atmosphäre durch CO2 kann bei zahlreichen Kleinstlebewesen zur Mutation führen, da deren Zellen, anders als unsere, nur durch eine einzige Zellmembran von der Umgebung getrennt sind. Zu diesen gehören auch Bakterien und Viren, die eine sehr schnelle Generationenfolge haben: Es gibt Arten, bei denen eine Generation nur eine halbe Stunde lebt – und schon folgt die nächste. So können sich Mutationen rasch durchsetzen. Das Problem ist: Wir haben keine Ahnung, welcher Art diese sein werden – für uns harmlos oder tödlich?

Was befürchten Sie?

Beckmann: Es muß so nicht kommen, aber es ist nicht auszuschließen, daß durch das CO2 Krankheitserreger in einer Weise mutieren, auf die unser Immunsystem nicht vorbereitet ist. 

Was bedeutet?

Beckmann: Das kann niemand voraussagen. Alles ist möglich, wirklich alles.

Also sollten wir nach Ihrer Meinung doch Greta und dem Weltklimarat folgen?

Beckmann: Die Einsparungsziele werden nach meiner Einschätzung nicht erreicht werden. Und die deutsche Energiewende wird – ich weiß es nicht, aber ich vermute es –, vermutlich eher zum Abstieg Deutschlands führen als zum Erfolg: Wodurch andere Länder abgeschreckt würden, ähnliches zu versuchen. Aber wie schon gesagt, der ganze Ansatz ist sowieso verfehlt. Das einzige, was wirklich wirken würde, ist die Bekämpfung der Überbevölkerung der Erde! 

Wie? 

Beckmann: Dafür bin ich kein Experte. Aber folgt man den Bevölkerungswissenschaftlern würde schon eine Zwei-Kind-Familienpolitik eine Reduktion einleiten – da ja nie alle Angehörige einer Generation Kinder bekommen. Die Frage ist, wie kann man das ohne Zwang durchsetzen? Hier könnte sich die Industrialisierung erneut als Segen erweisen: Denn wir beobachten, daß sie in der Regel dazu führt, daß die Leute weniger Kinder bekommen. Noch ein Grund, für statt gegen sie zu kämpfen, wenn wir das Klima retten wollen. Natürlich ist nicht gesagt, daß das auch in Afrika funktioniert – aber im Westen hat es das. Dringend müßten da die Experten ran! Aber die werden derzeit ja von der Politik noch nicht einmal gefragt, weil diese, dank der fatalen Irrlehren unserer Klimaschützer, der falschen Strategie folgt! 






Dr. Günter Beckmann, der Ingenieur studierte Maschinenbau in Aachen und Stuttgart und war von 1959 bis 1995 für die zur VEBA (heute E.ON) gehörende Hüls AG in Marl international tätig. Zuletzt leitete er dort die Abteilung „Neue Entwicklungen“. Geboren wurde er 1932 in Ludwigshafen.

Foto: Abgase einer Industrianlage, „Fridays for Future“-Demonstration in Berlin: „Debattiert wird über Emissionen und Industrie – nicht aber über die ebenso wichtige Remission oder gar die tatsächliche Ursache des Problems, die Überbevölkerung. Warum nicht?  ... (Stattdessen) verfolgt die Politik, dank der Irrlehren der Klimaschützer, eine völlig falsche Strategie“ 

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