© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/20 / 17. Januar 2020

CD-Kritik: Michail Ippolitow-Iwanow
Volksmelodien
Jens Knorr

Michail Michailowitsch Ippolitow-Iwanow (1859–1935) war in Deutschland dank der Musikwissenschaftlerin Sigrid Neef, der kompetenten Sachwalterin russischer und sowjetischer Musik, nicht ganz vergessen. Der Komponist, Dirigent und Pädagoge propagierte die Ideen des Mächtigen Häufleins, popularisierte die Opern Tschaikowskis, leitete Uraufführungen mehrerer Opern seines Lehrers Rimski-Korsakow und studierte gleich ihm die Musik der östlichen Völker. Seine Kompositionen in nationalromantischer Tradition gingen mit der stalinistischen Kunstdoktrin hinsichtlich „Volkstümlichkeit“ durchaus konform: die Melodiestimme in sauber gearbeitetem Satz eingebunden, die folkloristische Ausbeute dem Personalstil amalgamiert.

Das bleibt den Klaviertranspositionen unverloren, die Maria Iwanowa und Alexander Zagarinski von den „Kaukasischen Skizzen“ op. 10 und 42, der Armenischen Rhapsodie op. 48, dem Vorspiel zur Oper „Ruth“ op. 34 und dem Türkischen Marsch op. 55 gefertigt und vierhändig eingespielt haben. Bei aller gebührlichen orchestralen Opulenz bleibt ihr Spiel stets gefaßt, betörend die unmerklichen Wechsel der melodieführenden gegen den koloristischen Flitterkram der Begleitstimmen. Dergestalt einvernehmlich gespielt, können die Transkriptionen neben den originalen Orchesterfassungen allemal bestehen.

Ippolitow-Iwanow Klaviertranskriptionen Hänssler Classic 2019  www.maria-ivanova.de; www.haensslerprofil.de