© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/20 / 17. Januar 2020

Lob des gesunden Mißtrauens
Albrecht Müller über Medienmanipulationen
Werner Olles

Albrecht Müller, Jahrgang 1938, Bestsellerautor, Herausgeber des Blogs „NachDenkSeiten“, Redenschreiber des ehemaligen Wirtschaftsministers Karl Schiller, Wahlkampfleiter von Willy Brandt und bis 1994 SPD-Bundestagsabgeordneter, ist gewiß kein Konservativer im üblichen Sinne. 

Bereits in der Einleitung seines neuen Werkes kommt er auf den Punkt. Er zitiert das schöne Lied „Die Gedanken sind frei“ und entlarvt es als Illusion. Zwar sei die Idee goldrichtig, dennoch: „Unsere Gedanken sind nicht frei, sie sind manipulierbar.“ In diesem Zusammenhang erwähnt er die Riester-Rente, die Verlotterung der Infrastruktur, die neue Konfrontation mit Rußland und den dafür betriebenen Feindaufbau, die Beteiligung Deutschlands an militärischen Interventionen – in all diesen Fällen war die Propaganda entscheidend und bestimmte, was und wie etwas geschieht. 

Von einer „lebendigen Demokratie“ könne man daher nicht sprechen. „Eine bemerkenswerte Anpassung“ an die offizielle Regierungspolitik sieht Müller bei ehemals „kritischen Medien“ wie Spiegel, taz, Süddeutscher Zeitung und der Zeit. Gleiches gelte für TV-Formate wie „Panorama“ und „Monitor“. Besonders deutlich sei die Entwicklung bei der taz. Dort gebe es Kriegshetze und unsägliche Kommentare, die den Krieg zwischen den Generationen förderten. Bekannte Journalisten von Zeit, FAZ, Süddeutscher und Bild seien zudem eng mit atlantischen Netzwerken und der Nato verbunden.

Das ist zwar alles nicht neu, aber Müller scheut sich auch nicht den regierungsamtlichen Einsatz sogenannter „Experten“ und NGOs zu kritisieren und beschreibt, wie man Geschichten „verkürzt erzählt“ (Stichwort Lückenpresse), maßlos übertreibt (Klimawandel) oder gleich ganz verschweigt (Migranten-Kriminalität). Und „böse“ sind natürlich nur Putin und der „Schlächter“ Assad, während Saudi-Arabiens Völkermord im Jemen weitgehend ausgeblendet wird. Tatsächlich passe „Schlächter“ jedoch besser auf Hillary Clinton wegen ihrer Zerstörung der staatlichen Strukturen Libyens und auf Obama  wegen seiner von Ramstein aus gesteuerten Drohneneinsätze, bei denen ganze Großfamilien und Hochzeitsgesellschaften getötet wurden. 

Albrecht Müller: Glaube wenig – Hinterfrage alles – Denke selbst. Wie man Manipulationen durchschaut. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2019, broschiert, 144 Seiten, 14 Euro