© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/20 / 24. Januar 2020

Wladimir Putins Verfassungsreform
Funktionsfähig bleiben
Thomas Fasbender

Natürlich denkt Wladimir Putin auch an seine eigene Zukunft. Wer tut das nicht? Seine geplante Verfassungsreform hat aber ein anderes Ziel.

Nach einer existentiellen Krise hat er Rußland mit starker persönlicher Autorität wieder ans Licht geführt. Jetzt geht es darum, einen Teil dieser Autorität auf die Verfassungsorgane zu übertragen. Der russische Staat muß auch unter schwächeren Nachfolgern funktionsfähig bleiben. So unterschiedliche Staatsführer wie Francisco Franco und Charles de Gaulle haben es vorgemacht. Indem Putin das Parlament und den Staatsrat (eine beratende Institution außerhalb der Volksvertretung) zu Lasten des Mannes an der Spitze aufwertet, stärkt er die Machtbasis der oligarchischen Elite.

Das entspricht durchaus den gesellschaftlichen Verhältnissen. Rußland ist keine Demokratie im westlichen Sinne – aber im russischen. Das Volk wird gehört. Daß der Präsident auch die Möglichkeiten ausländischer Einmischung begrenzt, paßt ins internationale Bild. Im Zeitalter hybrider Rivalitäten gilt längst das Motto „Catch-as-catch-can“ – alles ist erlaubt.

Warum das im deutschen Mainstream kaum einer sieht? Beim Thema Putin gehen in den Redaktionen die Lichter aus. Er ist anders, und erfolgreich ist er obendrein. So etwas darf nicht sein.