© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/20 / 24. Januar 2020

Der HZ steht ein „Fall Relotius“ ins Haus: Dubioser Beitrag im Visier
Gegen radikale Revisionisten
(dg)

Das Flaggschiff der deutschen Geschichtswissenschaft, die ehrwürdige Historische Zeitschrift (HZ), scheint im 160. Erscheinungsjahr vor ihrer ganz speziellen „Relotius-Affäre“ zu stehen. Wie Sven Felix Kellerhoff (Welt online vom 12. Januar) berichtet, enthält das Dezember-Heft 2019 einen Text zur Entstehungsgeschichte des Ersten Weltkriegs, an dem so gut wie alles dubios ist und den der Düsseldorfer Experte Gerd Krum-

eich als „Schmäh in extenso“ abtut. Auffällig für die HZ mit ihren auf meist 25 Druckseiten limitierten Aufsätzen ist schon der doppelte Umfang des Beitrags. Der zudem einem Niemand im Fach, dem wie ein deutscher Muttersprachler schreibenden „Robert C. Moore“ zugestanden wurde und dessen Kontaktadresse Kellerhoff als „mutmaßliches kalifornisches Postfach des Logistikdienstleisters UPS“ ermittelte. Noch rätselhafter ist, daß HZ-Herausgeber Hartmut Leppin den Text trotz Ablehnung durch einen der beiden externen Gutachter durchwinkte. Daß eventuell ein geschichtspolitisches Motiv an der bizarren Publikation in Betracht käme, könnte „Moores“ Stoßrichtung verraten. Er wendet sich gegen von ihm als „radikale Revisionisten“ denunzierte Forscher wie Christopher Clark oder den Würzburger Historiker Rainer F. Schmidt (JF 3/17), um die von ihnen zerstörte Legende von der „deutschen Alleinschuld“ am Ersten Weltkrieg zu reanimieren. 


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