© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Katharina Fegebank. Gelingt es der Grünen, Erste Bürgermeisterin in Hamburg zu werden?
An die Macht kuscheln
Peter Möller

Fußballfans werden Katharina Fegebank den Mut nicht absprechen. Denn die 42jährige Hamburger Wissenschaftssenatorin, die bei der Bürgerschaftswahl am 23. Februar die Grünen anführt, ist bekennende Anhängerin von Werder Bremen – ausgerechnet. Dabei ist der Verein von der Weser für fußballbegeisterte Hamburger, vor allem wenn sie dem großen HSV die Treue halten, ein rotes Tuch. Aus Sicht ihrer Wahlkampfstrategen dürfte das Bekenntnis zu Bremen daher nicht die beste „Idee“ gewesen sein. Andererseits: Damit vermittelt die Spitzenkandidatin, daß sie sich treu bleibt und niemandem nach dem Mund redet.

Katharina Fegebank wird sich jedenfalls etwas dabei gedacht haben, denn sie tritt an, um Geschichte zu schreiben, und da will jeder Schritt überlegt sein. Glaubt man den Demoskopen, könnte mit der Politikwissenschaftlerin aus dem holsteinischen Bad Oldesloe erstmals eine Frau als Erste Bürgermeisterin an die Spitze der Hansestadt rücken. Und nach dem in Stuttgart regierenden Winfried Kretschmann würde sie für die Grünen damit das zweite Spitzenamt in einem Bundesland erobern.

Vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten, zu dem sie engen Kontakt pflegt, hat sie sich den für eine Grüne nicht selbstverständlichen Pragmatismus abgeschaut. Auch deshalb läuft die rot-grüne Koalition unter dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher relativ geräuschlos. Ebenso wie Kretschmann hebt sich Fegebank, die seit 2011 in der Bürgerschaft sitzt und seit 2015 Senatorin und Zweite Bürgermeisterin ist, zudem von vielen ihrer von missionarischem Eifer beseelten Parteifreunde ab. Damit paßt die bürgerlich auftretende Politikerin, die aus einer Lehrerfamilie stammt, gut in die Hansestadt, deren Bürgern allzu extravagante politische Ausschläge nach rechts oder links noch nie geheuer waren.

Doch Fegebanks Strategie ist riskant. Kritiker aus der eigenen Partei halten ihr vor, sie trete, um den angepeilten Wahlerfolg nicht zu gefährden, inhaltlich beliebig auf. Jüngstes Beispiel ist die Forderung der Hamburger Grünen, das Vermummungsverbot bei Demonstrationen zu lockern. Nachdem es dafür nicht nur aus der Polizei kräftig Gegenwind gab, kassierte die Partei am Wochenende die Forderung wieder ein. Eingefleischten Grünen-Anhängern dürfte diese Rolle rückwärts nicht gefallen. Ähnlich verhält es sich mit Fegebanks Wertung, die Forderung der Bürgerinitiative „Autos raus aus der Innenstadt“ sei „irre“.

Am Ende könnte sie, die mit hohem persönlichen Einsatz spielt, daher als große Verliererin vom Platz gehen. Die jüngste Umfrage, in der die Grünen mit 27 Prozent fünf Punkte hinter die SPD zurückgefallen sind, lassen die Zweifel wachsen, daß der völlig auf Fegebank zugeschnittene Wohlfühlwahlkampf zum gewünschten Erfolg führt. Doch zumindest fehlenden Mut wird ihr dann niemand vorwerfen können.