© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Mißverständnis der Woche
Erst das Essen, dann …
Christian Vollradt

Wie ein Ottifant im Porzellanladen mag sich die Marketing-abteilung des Lebensmittelhändlers Edeka vorgekommen sein. Zum hundertsten Bestehen ging man großflächig mit dem ostfriesischen Blödelbarden Otto Waalkes auf Kundenfang. „Essen hat einen Preis verdient: den niedrigsten“, so der Slogan eines der Exemplare. Das brachte die ohnehin derzeit gereizten Bauern auf die Palme, die am frühen Montagmorgen ein Großlager der Handelskette bei Oldenburg mit einer Traktor-Blockade lahmlegten. Wo doch alle Welt derzeit betone, Nahrung habe eine höhere Wertschätzung verdient und Edeka sonst mit dem Spruch „Wir lieben Lebensmittel“ werbe, sei das Discount-Motto ein Hohn. Sogar die Bundeslandwirtschaftsministerin schaltete sich ein und gab den Protestierern recht. Stunden später meldete sich die Kaufleute-Genossenschaft: Alles sei ein Mißverständnis. Ziel der Kampagne war es, „Ortschaften in unserem Absatzgebiet individuell anzusprechen. Es war somit eindeutig der Ort Essen bei Oldenburg gemeint und nicht Essen im Sinne von Lebensmitteln.“ Die mißverständlichen Plakate werde man entfernen. Die angekündigten Preisreduzierungen sollen nicht zu Lasten der Landwirte gehen, sondern „ausschließlich von der Großhandlung getragen“ werden. Zudem suche man das persönliche Gespräch mit Vertretern der Bauern.