© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 06/20 / 31. Januar 2020

Demokratische Willensbildung mit Facebook & Co.
Überwachungskapitalismus im Anzug
(dg)

Die zunehmende Anwendung von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) hat Folgen für die Politik.“ Mit diesem nicht ganz neuen Alarmruf meint der IT-Berater Stefan Hügel, Vorsitzender des „Forums InformantikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung“ sowie Mitglied im Bundesvorstand der linksgrünen Vorfeldorganisation Humanistische Union, in erster Linie zerstörerische Folgen für „die Demokratie“ (Vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik, 225/226-2019). Der im März 2018 ausgelöste Facebook-Skandal, der enthüllte, daß der IT-Konzern das Unternehmen Cambridge Analytica mit Myriaden von Profildaten versorgte, die es 2016 im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten Donald Trumps nutzte, sieht Hügel in einer „langen Reihe von Rechtsbrüchen“ und anschließenden Entschuldigungen ohne Konsequenzen. Stattdessen würden Internet-Giganten wie Google, Amazon und Facebook ihre Methoden zur Manipulation der Öffentlichkeit ständig verfeinern. Und zunehmend verlagere sich die Praxis des „Microtargeting“, die Plazierung gezielter, auf persönlichen Vorlieben von Netznutzern abgestimmter Werbebotschaften, vom Konsum aufs politische Feld, um demokratische Willensbildungsprozesse zu steuern. Die US-Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshana Zuboff erkenne in dieser Entwicklung zu Recht die Herausbildung einer „zutiefst antidemokratischen sozialen Kraft“, die sie als „Überwachungskapitalismus“ attackiere. Datenschutz sei daher Demokratieschutz. Ob „die Politik“ dabei, so Hügels naive Hoffnung, mit Instrumenten wie der EU-Datenschutz-Grundverordnung wirklich auf seiten der „Zivilgesellschaft“ steht, ist jedoch zu bezweifeln. 


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