© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/20 / 07. Februar 2020

Wehrhafte „Muntlinge“
Klaus Kunze schreibt über das historische Frauenbild
Mathias Pellack

Die Ideenwelt des Begriffs „Gender“ ist mittlerweile weithin wirkmächtig. Dennoch kommen ihre Gegener oft kaum über die Aussage „Was für ein Quatsch!“ hinaus. Daß eine tiefergehende und historische Beschäftigung lohnend ist, zeigt nun Klaus Kunze. Der als Rechtsanwalt tätige Publizist entdeckt in seinem jüngsten Werk „das ewig Weibliche im Wandel der Epochen“. Er reißt gleichsam dem „Genderismus“ den Schleier herunter, mit welchem dieser das Frausein in ewiges Opfertum kleidet.

Anhand genetischer Daten verbunden mit gegenwärtigem Wissen der Archäologie zeichnet er nach, wie sich die Indogermanen vor 4.500 Jahren Europa untertan machten. „Überschüssige männliche Bevölkerung aus den Kerngebieten der Indogermanen in Ost- und Mitteleuropa wanderte nach Westen ab, erschlug oder knechtete die dortigen Männer und nahm sich ihre Frauen.“ Deshalb seien etwa in Spanien und England bis zu 100 Prozent der Männer indogermanischen Ursprungs. Die rein mütterlicherseits vererbte DNS  der autochthonen Populationen sei dagegen bis heute vorhanden.

Diese Grundlagen der Lebenswirklichkeit zeigten, daß „kriegerische Zeiten patriarchalische Zeiten“ waren. Unterschiede in der Körperkraft seien dabei kein Ausschlußprinzip für Frauen gewesen. Aus dem „Lex Baiuvariorum“ des 6. Jahrhunderts kann Kunze eine Regelung zitieren, die Frauen die Wahl zur Selbstverteidigung läßt. „Wenn eine Frau ‘so herzhaft ist, daß sie kämpfen will’, zahlt nur einfaches Wergeld, wer sie tötet.“ Wergeld hatten Täter an Hinterbliebene zu entrichten. Doppeltes Wergeld habe derjenige zahlen müssen, der einen „Muntling“ – einen Schutzbefohlenen – tötete. 

Wille und Wunsch der Frauen galten etwas – siehe auch: „643 befahl der Langobardenkönig Rothari im fernen Italien, daß keine Frau ohne Zutun ihres Muntwalts heiraten durfte. Doch wolle er sie gegen ihren Willen vergeben, verliere er ihre Munt.“ Kunzes Stärke liegt nicht nur in der historischen Tiefe oder in der sprachlichen Klarheit. Sie liegt auch darin – das unterscheidet dieses Buch von der Mehrzahl der Veröffentlichungen gegen „Gender-Gaga“ –, daß er die Fakten vorträgt, ohne allzu aufdringlich zu polemisieren. 

Klaus Kunze: Das ewig Weibliche im Wandel der Epochen. Von der Vormundschaft zum Genderismus. Lindenbaum Verlag, Beltheim-Schnellbach 2019, broschiert, 305 Seiten, 24,80 Euro