© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 09/20 / 21. Februar 2020

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ursula die Große
Christian Vollradt

Sie kam, saß – und siegte. Zumindest verlor Ursula von der Leyen (CDU) keine Schlacht an alter Wirkungsststätte am vergangenen Donnerstag im Verteidigungsausschuß des Bundestags. Mit einem Blazer in Purpur, der Farbe der Könige und Kardinäle, erschien die Kommissionspräsidentin der EU vor den Abgeordneten. Wie passend: die ehemalige Verteidigungsministerin als krönender Abschluß eines Vernehmungsreigens von etwa 40 Zeugen in der sogenannten Berateraffäre (JF 4/19). 

Zur Erinnerung: Der Verteidigungsausschuß hatte sich – ein Spezifikum im Parlament – Anfang 2019 zu einem Untersuchungsausschuß selbst eingesetzt. Aufzuklären gilt der Einsatz zahlreicher externer Berater, die für ihre Arbeit über einen Rahmenvertrag einer Bundeswehrtochter über Jahre hinweg einen dreistelligen Millionenbetrag erhalten haben sollen. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof zahlreiche Vergaberechtsfehler moniert. Außerdem im Raum: der Verdacht der Vetternwirtschaft, da sich einige Angehörige des Ministeriums und Berater privat kannten.

Der Gast aus Brüssel machte indes gleich in seinem Eingangsstatement klar, daß die Defensive nicht sein Metier ist. Als sie Ende 2013 das Amt im Bendlerblock antrat, habe sich Deutschland in einem „sicherheitspolitischen Umbruch“ befunden: die Annexion der Krim, der Krieg in der Ostukraine, das Aufkommen des IS im Irak und in Syrien sowie eine Serie schwerer Terroranschläge und etwas später die Migrationskrise – das alles habe von der Bundeswehr Tribut gefordert, sagte von der Leyen. Von einer Truppe wohlgemerkt, die jahrelang geschrumpft sei und nun „wieder mehr leisten mußte“. Zehn Jahre lang habe man viele Stellen nicht nachbesetzt, das habe „Epertise von außen“ unumgänglich gemacht. Selbst Krankenakten, weiß die studierte Medizinerin zu berichten, wurden zu dieser Zeit noch „händisch bearbeitet“. Der Subtext des Leyeschen Eigenlobs: Wir haben die Truppe erstmal ins 21. Jahrhundert befördert ...

Die Wir-Form nutzt die Zeugin häufig. Dann meint sie ihre frühere Staatssekretärin Katrin Suder mit, manchmal aber auch die im Halbrund vor ihr sitzenden Abgeordneten. Eine geschickte Charmeoffensive. Daß Suder einen Berater ins Boot holte, den sie von ihrer früheren Tätigkeit bei McKinsey kannte; daß dessen Kinder den seinerzeitigen Abteilungsleiter Planung im Ministerium als Taufpaten hatten; und daß dieser Berater seinem Unternehmen Millionenumsätze dank der Bundeswehr (JF 28/19) bescherte? „Natürlich haben wir dabei auch Fehler gemacht“, räumte die Ex-Ministerin ein. Ach, und die „Kenn-Verhältnisse“? Die Bundeswehr sei ja eine relativ geschlossene Gesellschaft, da kenne man sich eben häufig untereinander. Die Sache mit den gelöschten Handydaten? Da sei nichts Relevantes für den Ausschuß dabei gewesen. Sie habe hauptsächlich damit telefoniert.    

Ihre Befrager läßt sie frustriert zurück. Eine Teflon-Zeugin sei von der Leyen, so der SPD-Abgeordnete Dennis Rohde. Und sein Kollege Rüdiger Lucassen (AfD) bilanzierte, der Untersuchungsausschuß sei „ein stumpfes Schwert“.