© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/20 / 28. Februar 2020

Kulturstaatsministerin Grütters zur Krise des Christentums
Fundamentale Erosion
(dg)

Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, habe ihr als einer der ersten grünes Licht gegeben: „Selbstverständlich gehört das Kreuz auf die Schloßkuppel.“ Wenn das so ist, dann darf sich die Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nicht nur darauf freuen, daß in diesem Frühjahr der Kuppel des neuerstandenen Berliner Stadtschlosses ein weithin sichtbares Kreuz aufgesetzt wird. Sie darf im Interview mit der linkskatholischen Herder Korrespondenz (1/2020) auch mutig auftrumpfen: „Das Kreuz bleibt christlich.“ Sie wagt sich bei dieser Gelegenheit sogar so weit vor, eine „spezifisch deutsche Kultur“ jenseits der Sprache erkennen zu wollen und nationale Identität mit christlicher Kultur zusammenzudenken. Um sogleich zu versichern, der Wiederaufbau des Schlosses, das derzeit „größte nationale Kulturprojekt“, dürfe niemanden ausgrenzen und solle „Brücken bauen zur großen Menschheitsfamilie“. Daher sei das Kreuz eine „Einladung an die eigene sowie an alle anderen und fremden Kulturen“, um zu verstehen, daß sie mehr eine als trenne. Womit Grütters einmal mehr über jedes multikulturelle Stöckchen springt. Aber schmerzlich empfinde sie als Katholikin, die ihre ganze Lebenszuversicht aus dem christlichen Glauben beziehe, die „Verlustängste“, die die „fundamentale Erosion“ des deutschen Christentums in ihr auslöse. Das sei allerdings der Preis dafür, daß „wir weltoffener, individueller und flexibler“ geworden seien. Die römische Kirche sollte dem Rechnung tragen und auf die Krise mit einer Abschaffung des Zölibats, der verpflichtenden Ehelosigkeit, antworten, weil sie junge Männer heute halt überfordere. 


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