© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/20 / 28. Februar 2020

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Irritierend ist allerdings, mit welcher Eile und Selbstverständlichkeit einige Politiker und Kommentatoren nun eine Verbindung zwischen der Partei und den Ereignissen in Hanau herstellen. Dabei scheinen Überlegungen der politischen Opportunität wichtiger zu sein als eine seriöse Analyse des Geschehens. Daß sich rechtsextreme Straftäter von der AfD ermutigt fühlen, ist möglich. Nur gibt es im konkreten Fall keinen Hinweis, der dafür spricht. Soweit bekannt, hat sich der Täter auf keinen Politiker berufen.“ Diese Sätze hätte man gerne von einem Vertreter der deutschen Qualitätsmedien gelesen. Aber solche Abweichung vom antifaschistischen Konsens und nüchterne Einsicht gibt es offenbar nur noch jenseits der Grenze. Da hatte Hansjörg Müller, Deutschlandkorrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, die Möglichkeit, der Stimme der Vernunft Geltung zu verschaffen.

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„Eines Tages werden Millionen Menschen die südliche Hemisphäre verlassen und in die nördliche Hemisphäre ziehen. Und sie werden dorthin nicht als Freunde gehen, weil sie gehen werden, um zu erobern. Und sie werden mit ihren Söhnen erobern; der Bauch unserer Frauen wird uns den Sieg verleihen.“ (Houari Boumedienne, algerischer Staatschef, in einer Ansprache vor den Vereinten Nationen, 1974)

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Der Palazzo di Venezia war der Amtssitz Mussolinis. Große Teile des Dekors an Böden, Wänden und Decken sind erhalten geblieben und fügen sich ganz harmonisch in die Ausstattung des Renaissancebaus. Eine Beobachtung, die man auch sonst oft in Italien macht, das nicht nur einen lässigen Umgang mit seiner faschistischen Vergangenheit pflegt, sondern auch den Eindruck vermittelt, daß die stilistischen Übergänge zwischen Art déco und Neoklassizismus und Realismus fließend waren, weshalb ein Bildersturm ganz überflüssig erscheint.

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Marlène Schiappa, französische Staatssekretärin für die Gleichstellung, in einer Fernsehdebatte mit Éric Zemmour: „Diskriminierung ist keine Meinungsäußerung, sondern ein Verbrechen.“ Marlène Schiappa in derselben Fernsehdebatte mit Éric Zemmour: „Wir müssen positive Diskriminierung anwenden.“

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An allen sensiblen Punkten Roms ist italienisches Militär aufgefahren. Manche Straßen sind durch halbgepanzerte Fahrzeuge für den Privatverkehr gesperrt. Die Soldaten tragen Flecktarn und oft auch schußsichere Westen, die Maschinenpistole umgehängt. Währenddessen geht das Leben scheinbar seinen gewohnten Gang, aber die Bilder erinnern doch in vielem an das, was man bei einem Ausnahmezustand erwartet.

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Der slowakische Regierungschef Peter Pelligrini hat im Hinblick auf die Masseneinwanderung erklärt: „Es ist in Europa verboten, das auszusprechen, aber es handelt sich um eine organisierte Invasion“, unterstützt durch Gruppierungen, die humanitäre Ziele zu verfolgen vorgeben, hinter denen aber mächtige Geldgeber stehen.

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Integration A: Auffallend oft sieht man in den exklusiveren Geschäften Roms hochgewachsene Schwarze in schicken, etwas uniformen Anzügen, die die Kunden diskret im Auge behalten. Man kann sie sich unschwer als stolze Krieger in der Savanne vorstellen, sehr aufrecht stehend, ein Bein angezogen, lässig an einen Speer gelehnt.

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Man kann es drehen und wenden wie man will, aber bei den Vätern des Grundgesetzes handelte es sich um einen Haufen xenophober, homophober, autoritärer, (ziemlich) alter weißer Männer.

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Integration B: Éric Tomas, der sozialistische Bürgermeister der Gemeinde Anderlecht – eines Vororts von Brüssel mit hohem Ausländeranteil – hat erklärt, daß die Kirche Saint-François Xavier im Viertel Cureghem mit Zustimmung des Bistums zur Sporthalle umgebaut werde, da sich „die Bevölkerung radikal verändert“ habe.

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Die falsche Prognose im Hinblick auf den Stimmenanteil der AfD bei der Hamburger Bürgerschaftswahl löste Überraschung aus. Unnötigerweise, möchte man sagen. Denn Elisabeth Noelle-Neumann hat in ihrer „Schweigespirale“ schon vor Jahrzehnten darauf hingewiesen, daß Menschen, die einer verfemten Gruppe angehören, ihre Auffassungen selbst dann verschweigen, wenn man ihnen Anonymität garantiert. Aber vielleicht wurde der Zusammenhang auch ganz bewußt ignoriert: Um keine neue Debatte über „Meinungskorridore“ und deren Verengung aufkommen zu lassen.

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Beim Betreten der Schatzkammer der Abteilung des Römischen Nationalmuseums, die im Palazzo Massimo untergebracht ist, steht der Besucher staunend vor den Überresten der Insignien des Kaisers Maxentius, die 2007 am Forum ausgegraben wurden. Staunend, weil ihm deren Existenz, wie er zu seiner Schande gestehen muß, ganz und gar unbekannt war.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 13. März in der JF-Ausgabe 12/20.