© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/20 / 28. Februar 2020

Im Labyrinth des Autochthonen
Jahrbuch zur Metaphysik des Heidentums
Werner Olles

Im seinem Vorwort zum Jahrbuch „Autochthon – Forschungen zur Metaphysik des Heidentums“ schreibt Jens Grunwald, Kurator des Otto-Huth-Archivs, über die „unterirdischen Denker“, die geeint von „dauerhaft politischer Bindungslosigkeit, fern der Universitäten, der Preise und Posten wirkten und wirken“. Der erste Band präsentiert eine Reihe unabhängiger Köpfe aus Bulgarien, Frankreich und Deutschland, die den Mythos erleben lassen, angeregt vom Menschenbild eines Ludwig Klages, Herman Wirth, Rudolf Steiner und dem philosophischen Denken Rolf Peter Sieferles und Robert Spaemanns. 

Überraschend steht das Werk unter dem Geleitwort P. P. Pasolinis: „Ich bin eine Kraft aus der Vergangenheit. Meine Liebe gehört einzig der Tradition.“ Während sich Reinhard Falter, dem wegen „wissenschaftsfeindlicher Esoterik“ ein Lehrverbot an der Volkshochschule München erteilt wurde, in seinem umfangreichen Beitrag mit der Natur- und Struktivitätsphilosophie beschäftigt, widmet sich Hans Eggert Schröder Ludwig Klages’ Kritik am Christentum. Alain de Benoist erklärt „Im Labyrinth des Autochthonen“ seine Abwendung vom Christentum und den Weg zum Heidentum über Homer, Aristoteles, Epikur und Seneca, aber auch über Louis Rougier, die ihn erkennen ließen, was die christliche Religion von der antiken Kultur trennte. 

Mit dem zu Unrecht vergessenen Autor Heinar Schilling (1894–1955) stellt Claus Wolfschlag einen „zeitlos Ungemäßen“ vor, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die kulturpolitischen Brüche jener Zeit exemplarisch verkörperte. Zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus, Expressionismus und Futurismus schwankend, verfaßte er auch eine 600 Seiten umfassende „Germanische Geschichte“. Trotz einer Anstellung beim zweitgrößten Wochenblatt Das Schwarze Korps distanzierte sich die Studiengemeinschaft „Ahnenerbe“ von ihm. Auch sein Lebensstil als Bohemien mißfiel der Partei. Aus der NSDAP ausgeschlossen, erhielt er zwar noch im Februar 1945 den Professorentitel, doch ein Neustart nach Kriegsende scheiterte. Durch Alkohol und Drogen verwüstet, starb Schilling 1955 an Krebs. Zwei Beiträge des Herausgebers über Gerd-Klaus Kaltenbrunner und Ernst Jünger vervollständigen das Jahrbuch.

Jens Grunwald (Hrsg.): Autoch-thon. Forschungen zur Metaphysik des Heidentums. Bd. 1. Otto-Huth-Archiv, Celle 2019, broschiert, 272 Seiten, 5 Euro