© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/20 / 06. März 2020

„Der Türkei-Deal ist krachend gescheitert“
Migrationskrise: AfD fordert Unterstützung Griechenlands beim Grenzschutz / Friedrich Merz verlangt „Signal an Flüchtlinge“
Björn Harms

Die Geschehnisse an der griechisch-türkischen Grenze sorgen auch in Deutschland weiterhin für helle Aufregung. Während die Grünen dafür plädieren, die Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland wieder zu aktivieren und Migranten direkt von der türkisch-griechischen Grenze aufzunehmen, da es viele Kommunen gebe, „die Kapazitäten haben und bereit sind“, wie die Bundestagsfraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt in der Saarbrücker Zeitung erklärte, widersprach die AfD vehement: „Die Grünen machen sich damit zum Gehilfen des türkischen Präsidenten Erdo?an, der versucht, Europa mit einer neuen Flüchtlingswelle zu erpressen“, kritisierte der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Alexander Gauland.

Die Konsequenz aus dem „krachenden Scheitern“ des Türkei-Deals laute: „Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen ihre Grenzen selbst schützen.“ Griechenland verdiene „jede mögliche Unterstützung“ bei der „Zurückweisung und Rückführung von illegalen Migranten“. AfD-Parteichef Jörg Meuthen hielt sich kurz: „Grenze dicht, sofort!“, verlangte er auf Twitter.

Der Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, Friedrich Merz, forderte ein „Signal an die Flüchtlinge“, daß es „keinen Sinn hat, nach Deutschland zu kommen“. Etwas wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Deutschland müsse jedoch bereit sein, „jede Hilfe auch an die Türkei zu geben, ein einigermaßen menschenwürdiges Unterkommen zu ermöglichen“.

Röttgen will Neuauflage des Abkommens mit der Türkei

Eine Situation wie im Herbst 2015 dürfe sich nicht wiederholen, erklärte auch sein Parteikollege, der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Thorsten Frei. „Das war unser Versprechen an die Bevölkerung, und wir müssen alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Wort zu halten“, sagte er der Welt. „In letzter Konsequenz und in aller Klarheit heißt das auch: lückenlose Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen.“ Merz’ Konkurrent im Kampf um den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen, sprach sich unterdessen für eine Neuauflage des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei aus. 

Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen warnte ebenfalls vor Zuständen wie 2015. Es müsse geregelt werden, daß am Ende nicht Deutschland das Land sei, das die Flüchtlinge aufnehmen müsse, sagte sie bei n-tv. Es sei zudem „wahnwitzig und aberwitzig“, daß Erdo?an einen „Angriffskrieg“ in Syrien gestartet habe und nun von der Nato Beistand fordere. „Wir müssen angehen, daß so jemand wie der türkische Präsident Erdo?an, der selbst eine personifizierte Fluchtursache ist durch seine Angriffskriege in Syrien, daß wir ihn nicht weiter unterstützen sollten.“

Der FDP-Vor­sit­zen­de Chris­ti­an Lind­ner for­der­te die Kanz­le­rin auf, „klar öf­fent­lich“ zu sa­gen, „daß es ei­ne un­kon­trol­lier­te Ein­rei­se nach Deutsch­land nicht mehr gibt“. Seit Jah­ren sei sei­ne Par­tei da­für, daß im Kri­sen­fall auch die Zu­rück­wei­sung an der deut­schen Gren­ze mög­lich sein müs­se, verdeutlichte Lind­ner. Die SPD setzt derweil auf diplomatischen Druck. Es brauche so schnell wie möglich einen Vierer-Gipfel zwischen Deutschland, Frankreich, Rußland und der Türkei, so der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid. Das einzige, was die Lage entschärfen könne, sei ein Waffenstillstand in Idlib.