© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/20 / 06. März 2020

Rechtsterroristische Gewalt in der Bonner Republik
Immer noch als Verschlußsache eingestuft
(dg)

Unter Willy Brandt und Helmut Schmidt galt der Linksterrorismus der „Roten Armee Fraktion“ als größte Bedrohung für die innere Sicherheit der Bonner Republik, wenn auch die öffentliche Erregung über die RAF trotz ihrer verübten Morde nie hysterisches Niveau erreichte. Das galt erst recht für Reaktionen auf die parallele, weitaus bescheidenere und keine Todesopfer fordernde „rechtsterroristische Gewalt in den 1970er Jahren“, wie sie Barbara Manthe untersucht hat (Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1/2020). Die Leiterin des DFG-Forschungsprojekts „Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland 1970–1990“ bestätigt am Beispiel der Gruppe um Michael Kühnen (1955–1991), daß dieser Extremismus über keine stabilen Untergrundstrukturen verfügte, seine „wehrsportlich“ übenden Gruppen heterogen zusammengesetzt und kurzlebig waren, ohne „laborierte politische Manifeste“ auskamen und selbst von den Medien nicht als „fundamentale gesellschaftliche Bedrohung“ wahrgenommen wurden. Im politischen Selbstverständnis der alten BRD sei daher fest verankert gewesen, daß die terroristische Bedrohung ausschließlich von links ausgehe. Dementsprechend sei der Rechtsterrorismus bis 1990 wenig erforscht worden. Was auch daran liege, daß der Verfassungsschutz bis heute den Großteil seiner Akten als Verschlußsache einstufe und Historikern vorenthalte. 


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