© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Präsident Erdo?an zu Gesprächen mit der EU in Brüssel
Verfahren und verzockt
Jürgen Liminski

Die Angst wirkte. In der Regel knicken die Europäer vor dem Despoten in Ankara ein. Diesmal aber war die Angst vor flüchtigen Wählern zu Hause größer, Erdo?an mußte unverrichteter Dinge aus Brüssel abziehen. Weder kann er mit der Unterstützung der Nato in Syrien oder Libyen rechnen noch mit mehr Geld der EU für seine marode Wirtschaft. Wie ein trotziges Kind will er jetzt weiter Flüchtlinge an die türkisch-griechische Grenze schaffen und nächste Woche in Istanbul mit den seiner Meinung nach wirklich Mächtigen, mit Merkel und Macron, reden.

Aber Macron hat andere Pläne, als dem Sultan aus der geopolitischen Patsche, dem Zweifrontenkrieg in Syrien und Libyen, zu helfen. Er traf zeitgleich mit Erdo?ans Besuch in Brüssel, in Paris mit dem starken Mann Libyens und Feind Erdo?ans, General Haftar, zusammen. Und Merkel wird alles tun, um ein neues 2015 zu vermeiden. Dann lieber ein paar Beschimpfungen vom Bosporus. 

Es ist nicht zu sehen, wie der Despot seine militärischen und kriegspsychologischen Feldzüge ohne Gesichtsverlust beenden könnte. Er hat sich völlig verfahren und verzockt. Weder in Moskau, Brüssel, Washington oder Paris wird er wirklich ernst genommen. Irgendwann wird es auf Schutzzonen an den türkischen Grenzen hinauslaufen. Die Zeiten, da man dem Sultan die Füße küßte, sie sind jedenfalls vorbei.