© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Blick in die Medien
„Late Fake Berlin“
Tobias Dahlbrügge

Mal ehrlich: Wer erwartet vom privaten Unterhaltungs-TV seriöse Beiträge? Man weiß doch, daß beim Krawall-Fernsehen alles „scripted reality“ ist und all die ganzen Klischeetypen, die dem Publikum vorgeworfen werden, in Wahrheit „gecastet“ wurden. Es geht schließlich um kurzweiligen Zeitvertreib vor der Glotze.

Wie steht die Sache aber, wenn die angebliche Echtheit und Ungestelltheit zum Markenkern eines erfolgreichen Sendeformates gehört? Wenn die vorgebliche Authentizität immer wieder explizit erwähnt wird?  Dann sieht die Sache schon anders aus. Die Unterhalter Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf generieren mit ihren Shows „Late Night Berlin“ und „Duell um die Welt“ für den Sender ProSieben viele Werbeeinnahmen. Ihre Einspielfilme genießen Kultstatus im Internet. Produziert werden die Clips von ihrer eigenen Firma „Florida TV“. Stets geht es darum, vorgeblich reale Situationen mit ahnungslosen, authentischen Menschen zu präsentieren.

„Das war ohne Wenn und Aber ein Fehler und wird so auch nicht mehr vorkommen“.

Was der Online-Gemeinschaft in den Kommentarspalten bei Youtube und auf Facebook längst auffiel, bestätigten nun intensive Nachforschungen des Internetformats „STRG_F“ für den NDR: Alles Fake, alles Inszenierung, nichts ist echt und spontan. Welch Überraschung. Mal wechselt in einer „ungeschnittenen“ Szene das Outfit der Darstellerin, mal erscheint am Bildrand eine Hand zuviel. Während Florida TV die Aufdeckung im Prinzip einräumt und mit Sachzwängen wie Rechtsfragen erklärt, ist man bei ProSieben knötterig und wirft den öffentlich-rechtlichen Investigatoren seinerseits vor, Zeugen unter Druck gesetzt zu haben. 

Heufer-Umlauf selbst entschuldigte sich in der jüngsten Folge „Late Night Berlin“. Sie seien zwar keine Journalisten, sondern Entertainer, aber in „einzelnen Fällen“ seien sie nun „über dieses Ziel hinausgeschossen. Das war ohne Wenn und Aber ein Fehler“.