© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/20 / 13. März 2020

Frisch gepresst

Kurzschluß. Karolin Schwarz hat es gewagt. Sie ging ins Internet, um rechtsextreme Netzwerke aufzudecken. Sie war klammheimlich in Foren unterwegs, heißt es. Wie darf man sich das vorstellen? Sitzt die gute Dame, die früher als „Faktencheckerin“ bei Correctiv arbeitete, mit Perücke und falscher Nase vor ihrem Rechner? Alle Informationen, Personen, sozialen Netzwerke und Imageboards, die in ihrem Buch erwähnt werden, sind mit wenigen Mausklicks frei zugänglich. „Ich war nie in geschlossenen (Chat)-Gruppen“, gibt sie selbst zu. Wen sie warum als Rechtsextremisten ausmacht und auf welcher Grundlage, wird nicht erklärt. Alles wird mit allem vermischt, irgendwie geht es immer um Haß und Hetze. Kaum in der Telegram-Gruppe Martin Sellners unterwegs – und schwups –, bastelt man sich bereits Waffen mittels 3D-Drucker. Das Ganze mündet schließlich, wie sollte es anders sein, in einem Aufruf zum Denunziantentum. Die Leute sollen endlich mehr Haßkommentare anzeigen. (ha)

Karolin Schwarz: Haßkrieger. Der neue globale Rechtsextremismus, Herder Verlag, Freiburg 2020, gebunden, 224 Seiten, 22 Euro





Acht Tage. Es sind nur acht Tage, die zwischen Hitlers Tod am 30. April 1945 und der bedingungslosen Kapitulation des Dritten Reiches liegen, doch es sind grundlegende Umstürze und Veränderungen, die sich in der kurzen Zeitspanne vollziehen. Es ist das Ende des Krieges und des Deutschen Reiches, politisch wie territorial. Und obwohl sich die Ereignisse teilweise überschlagen, nichts mehr gilt, was war, und unbekannt ist, was sein wird, scheint für nicht wenige im Land die Zeit stillzustehen. Zumindest dort, wo kein Schuß mehr fällt und sich die Rache der Sieger nicht Bahn bricht. Die Frage ist nur: Ist es die Ruhe vor oder nach dem Sturm? Volker Ullrich faßt diese acht Tage im Mai 1945 kaleidoskopartig zusammen. Der Zeit-Journalist greift dabei auf Tagebucheintragungen, Berichte und Schilderungen prominenter, aber auch unbekannter Zeitzeugen zurück und liefert so ein Stimmungsbild zwischen Erleichterung und Hoffnung und Verzweiflung, Ernüchterung sowie tiefer Enttäuschung. Nur in einem sind sich die meisten einig: Die Bewältigung des Dritten Reiches und seiner Folgen, der Wiederaufbau des Landes und letztlich die Aufarbeitung der Verbrechen werden Jahrzehnte dauern. (krk)

Volker Ullrich: Acht Tage im Mai. Die letzte Woche des Dritten Reiches. C.H. Beck, München 2020, gebunden, 317 Seiten, 24 Euro