© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/20 / 20. März 2020

Zur Anglisierung der deutschen Rechtssprache
Worte für rätselhaftes Verhalten
(dg)

Der zeitweilige Spiegel-Kommentator Thomas Fischer, ehemals Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, ist nicht gerade als Konservativer hervorgetreten. Sondern als Lobredner der Massenzuwanderung und Verharmloser ihrer kriminalstatistisch erheblich zu Buche schlagenden „Verwerfungen“. Darum verwundert es, wenn er nun auftrumpft mit einer Glosse unter dem markigen Titel „Die Gerichtssprache ist deutsch“ (Journal der Juristischen Zeitgeschichte, 3/2019). Fischer reagiert damit auf das „noch überschaubare Phänomen“ der Anglisierung, das sich allerdings seit zwei Jahrzehnten schon mit hoher Geschwindigkeit in der deutschen Rechtsliteratur ausgebreitet hat. Und jetzt die Gesetzestexte erreicht, wie für ihn ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Versuchsstrafbarkeit des „Cyber-Grooming“ belegt, ein Begriff, unter dem sich die meisten der strafrechtlich davon Betroffenen nichts vorstellen könnten. Genausowenig wie unter Doxing, Scalping, Cyber-Stalking, Revenge Porn, Churning und vielen weiteren, im Monatsrhythmus neu hinzukommenden „schönen Worten für rätselhafte Verhaltensweisen“. Fischer will damit natürlich „nichts gegen Internationalität und Vielfalt“ sagen. Aber es sei doch ein Alarmzeichen und zeuge von der Infantilisierung der Gesellschaft, wenn man den „Jargon amerikanischer Seminar-Kampagnen“ im deutschen Strafgesetzbuch wiederfinde. 


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