© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/20 / 20. März 2020

Haltungsnote
Ein kleines Plakat fehlt
Gil Barkei

Zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März hat sich „Reporter ohne Grenze“ eine originelle Aktion ausgedacht, um auf dieses große Problem hinzuweisen. In dem von mehr als 145 Millionen Menschen weltweit gespielten Computerspiel „Minecraft“, in dem die Nutzer ihre Umgebung selbst gestalten können, baute die Organisation eine digitale Freiheitsbibliothek aus anderthalb Millionen virtuellen Bausteinen auf. Zocker können die sogenannte „Uncensored Library“ online begehen und sich in ihr über die Pressefreiheit in 180 Ländern informieren. Mexiko, Rußland, Saudi-Arabien und Vietnam haben jeweils einen eigenen Raum bekommen. Hier können Online-Spieler Artikel nachlesen, die in ihren Heimatländern verboten wurden. Ein „Zugang zu unabhängigen Informationen“, schwärmt „Reporter ohne Grenzen“-Geschäftsführer Christian Mihr. Bei all der lobenswerten progressiven Herangehensweise bleibt jedoch eine Frage: Wo sind die Hinweise auf die längst auch in Deutschland stattfindende Zensur im Netz (JF 9/20)? Es muß ja nicht gleich ein ganzer Raum sein, aber ein kleines Pixelplakat, das auf das NetzDG oder die gezielte Löschung von unliebsamen Namen in sozialen Netzwerken hinweist, hätte dem universellen Ansatz des Projekts gutgetan.