© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/20 / 10. April 2020

Streitigkeiten in der AfD
Meuthens Eigentor
Christian Vollradt

Wäre die AfD ein Karussell, würde sie wohl allein schon durch das Kopfschütteln ihrer Mitglieder erheblich rotieren. So stark, daß einer nur mit Mühe den Fliehkräften trotzen könnte, um nicht vom weißen Elefanten zu purzeln. Was den Vorsitzenden Jörg Meuthen geritten haben mag, die Idee einer einvernehmlichen Scheidung des „Flügels“ von der Gesamt-AfD ins Spiel zu bringen, das haben weder Parteifreunde noch -feinde verstanden; ausgerechnet jetzt, da Björn Höcke und Andreas Kalbitz innerparteilich ziemlich in die Defensive geraten waren und erklären mußten, dem – von Meuthen forcierten – Auflösungsbeschluß nachzukommen. Nun konnten sie wieder auf Attacke umschalten und die Einheit der Partei hochhalten, in der „Spalter“ der größte auszusprechende Vorwurf ist. 

Dabei ist Meuthens Gedanke an sich gar nicht abwegig – was hinter vorgehaltener Hand manch anderer auch zugibt. Denn wie will eine Partei mit beträchtlichem programmatischem Spagat erfolgreich reüssieren: sowohl konservativ-nationalliberale Alternative für Ex-Unions- und Ex-FDP-Wähler zu sein, als auch „Linkspartei mit Deutschland-Fahne“? Doch im Alleingang öffentlich mit „Überlegungen“ dazu vorzupreschen, das tut kein Parteivorsitzender, der den Anspruch erhebt, mit Strategie und Durchsetzungsvermögen zu führen – und nicht bloß anhand seiner aktuellen Gemütslage.