© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/20 / 17. April 2020

Anschläge auf die AfD
Wen soll’s schon jucken?
Werner J. Patzelt

Vernunft zieht nur bei Leuten, die vernünftig sind. Was sagt man dann dazu, daß 2019 allein im letzten Quartal nicht weniger als gut hundert Attacken auf Büros oder Einrichtungen der Bundestagsparteien verübt wurden, davon mehr als die Hälfte gegen die AfD? Daß 2020 wieder Autos von AfD-Politikern abgefackelt werden? Daß dies, bemessen am vernehmbaren Protest, nicht viele juckt – außer die Betroffenen? 

Doch sich zu beklagen, heißt heute „Selbstviktimisierung“ oder „Täter/Opfer-Umkehr“, weil Gewalt gegen die AfD nur die Gegenwehr derer sei, die ganz zu Recht Angst vor dem weiteren Aufstieg der AfD haben. Muß man sich denn nicht selber wehren, seit man auf Schutz durch die rechtsradikal unterwanderten Staatsorgane nicht mehr vertrauen kann? Darf man denn die Notwehr gegen den neuen Faschismus nicht aufrechnen gegen jene Gewalt, die Rechte im Land immer schon gegen anders Aussehende und Andersdenkende verübt haben? Das wäre reiner Sarkasmus? Linksradikales Reden am Kernproblem vorbei? Ja. Doch so denken viele, die sich über jede Unfairneß gegenüber der AfD mindestens klammheimlich freuen und doppelte Moral für die höhere halten. Was tun? Klartext reden, durchhalten, keine Vorwände liefern!






Prof. Dr. Werner J. Patzelt ist emeritierter Lehrstuhlinhaber für Politikwissenschaft an der TU Dresden.